Kommentar Verdachtsunabhängige Kontrolle: Razzia nach Hautfarbe
Verdachtsunabhängige Kontrollen zur Abwehr illegaler Migration schaffen zwingend diskriminierende Situationen. Und sie säen die Saat des Rassismus.
Guten Morgen, Bundespolizei, Personenkontrolle, Ihren Ausweis bitte.“ Vier PolizistInnen betreten das Zugabteil und kontrollieren die Papiere – vor allem die der Fahrgäste, die dunkle Hautfarbe und/oder schwarze Haare haben. Jeder kennt solche Szenen, viele finden sie beschämend und diskriminierend.
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat jedoch keine Einwände gegen solche Praktiken. Das Bundespolizeigesetz erlaube verdachtsunabhängige Kontrollen, und bei der Auswahl einer Stichprobe dürfe auch das Aussehen der Fahrgäste eine Rolle spielen.
Willkürlich ist das nicht. Wenn es um die Verhinderung illegaler Einwanderung geht, sind Hautfarbe und Aussehen ein Kriterium. Die meisten illegal Eingereisten haben dunkle Haut- oder Haarfarbe und ein konkreter Verdacht ist laut Gesetz ja nicht erforderlich.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Das Problem ist also eher das Gesetz. Wer verdachtsunabhängige Kontrollen zur Abwehr illegaler Migration zulässt, schafft damit zwingend diskriminierende Situationen. Diskriminierend vor allem für diejenigen, die mit legalem Aufenthalt hier leben oder vielleicht schon längst deutsche Staatsbürger sind. Ihnen wird bei jeder Kontrolle aufs Neue verdeutlicht, dass sie eigentlich nicht hierhergehören und zumindest so aussehen, wie sich ein Polizist illegale Einwanderer vorstellt.
Doch nicht nur bei den Kontrollierten kommt diese Botschaft an. Die regelmäßigen Polizeieinsätze demonstrieren schließlich auch den unbehelligten Fahrgästen, dass illegale Einwanderung ein großes Problem ist – so groß, dass die Polizei sogar verdachtsunabhängig kontrollieren darf. Hier wird permanent eine Saat des Misstrauens und des Rassismus gesät. Solche Gesetze sind letztlich nur Integrationshindernisse und gehören abgeschafft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich