piwik no script img

Kommentar Verdachtsunabhängige KontrolleRazzia nach Hautfarbe

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Verdachtsunabhängige Kontrollen zur Abwehr illegaler Migration schaffen zwingend diskriminierende Situationen. Und sie säen die Saat des Rassismus.

Guten Morgen, Bundespolizei, Personenkontrolle, Ihren Ausweis bitte.“ Vier PolizistInnen betreten das Zugabteil und kontrollieren die Papiere – vor allem die der Fahrgäste, die dunkle Hautfarbe und/oder schwarze Haare haben. Jeder kennt solche Szenen, viele finden sie beschämend und diskriminierend.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat jedoch keine Einwände gegen solche Praktiken. Das Bundespolizeigesetz erlaube verdachtsunabhängige Kontrollen, und bei der Auswahl einer Stichprobe dürfe auch das Aussehen der Fahrgäste eine Rolle spielen.

Willkürlich ist das nicht. Wenn es um die Verhinderung illegaler Einwanderung geht, sind Hautfarbe und Aussehen ein Kriterium. Die meisten illegal Eingereisten haben dunkle Haut- oder Haarfarbe und ein konkreter Verdacht ist laut Gesetz ja nicht erforderlich.

Bild: taz
Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Das Problem ist also eher das Gesetz. Wer verdachtsunabhängige Kontrollen zur Abwehr illegaler Migration zulässt, schafft damit zwingend diskriminierende Situationen. Diskriminierend vor allem für diejenigen, die mit legalem Aufenthalt hier leben oder vielleicht schon längst deutsche Staatsbürger sind. Ihnen wird bei jeder Kontrolle aufs Neue verdeutlicht, dass sie eigentlich nicht hierhergehören und zumindest so aussehen, wie sich ein Polizist illegale Einwanderer vorstellt.

Doch nicht nur bei den Kontrollierten kommt diese Botschaft an. Die regelmäßigen Polizeieinsätze demonstrieren schließlich auch den unbehelligten Fahrgästen, dass illegale Einwanderung ein großes Problem ist – so groß, dass die Polizei sogar verdachtsunabhängig kontrollieren darf. Hier wird permanent eine Saat des Misstrauens und des Rassismus gesät. Solche Gesetze sind letztlich nur Integrationshindernisse und gehören abgeschafft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • LH
    lisa hartmann

    Herr Rath, Ihr Artikel ist nur polemisch in eine "politisch zulässige" Richtung hin geschrieben und zwar offensichtlich leider ohne Ahnung von der konkreten Arbeit der Polizei vor Ort. Laufen Sie doch mal einen Tag mit, ich bin sicher, es werden sich Ihnen ganz neue Sichtweisen auftun und zwar jenseits vom bequemen Meinungs-Schreibtischstuhl in der Stube.

     

    Ich bin daher sehr froh, bei den vorangegangenen Leserkommentaren überwiegend kritische Beiträge dazu gelesen zu haben ohne den "jawoll' Herdentrieb-Reflex".

  • HK
    Hausmeister Krause

    Der Hr. Rath hat schon Recht. Es ist in der Tat eine Diskriminierung.

    Besser wäre es, nur Biodeutsche zu filzen.

    Dann würde sich niemand mehr aufregen.

  • M
    Michel

    Der Autor redet darüber wie es sein sollte, eine Illusion, was er sich wünscht.

    Polizei und Staat dagegen haben mit der Realität zu leben und darauf zu reagieren.

     

    Wir können solche Gesetze und Vorgänge abschaffen, wenn sich das Problem der illegalen Einwanderung erledigt hat. Nicht vorher.

  • AG
    Anton Gorodezky

    Rassismus früher: Sklaverei, Völkermord, Rassentrennung

     

    Rassismus heute: "Darf ich bitte Ihren Ausweis sehen?"

     

    Ich wohne in Grenznähe und werde auch ab und zu angehalten. Weil ich ein junger Mann bin (Altersdiskriminierung? Geschlechterdiskriminierung?) halten mich die Schleierfahnder wohl für einen Schmuggler oder Dieb oder was auch immer. Klar, es gibt angenehmeres aber zwei Sachen gehören garantiert nicht dazu:

    1. Allgemeine Grenzkontrollen. Ich weiß noch, wie das war: lange Staus an den Grenzen, mit denen Wartezeiten einhergehen. Heute bemerkt man den Grenzübertritt nur noch an den anderssprachigen Schildern.

    2. Gar keine Grenzkontrollen. Jedenfalls nicht, solange die internationale Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden noch nicht richtig funktioniert. Es gibt sie halt: die Misthunde, die eine Staatsgrenze für ihre kriminelle Aktionen nutzen.

  • EP
    Ein Polizist

    Wer Dealer sucht, fängt nun mal bei den "Schwatten" an - Das ist nicht diskriminierend, sondern erfahrungsbasierte Professionalität.

  • L
    lowandorder

    Christian Rath. Recht hat er.

     

    Dennoch sollten auch noch andere Verwaltungsgerichte

    angegangen werden VG Koblenz wie OLG Koblenz: werfen noch im

    Kohlenkeller Schatten.

     

    Zudem nimmt mit der fortschreitenden Militarisierung der Polizei

    das dümmlich-autoritäre Gehabe bei Bürgerkontakt zu.

    Das zeigt sich besonders bei den Kontrollen der hier umstrittenen Art.

    Daß der Satz: " Na, Lumumba, den Ausweis wieder vergessen", so nicht mehr fällt,

    liegt allein daran, daß dafür verschiedene Amtsrichter mal eben

    500 Emchen für Beleidigung ausgetan haben.

     

    Da ich grundsätzlich keinen Persi mit mir trage, wird die

    Luft bei beispielsweise Fahren ohne ausreichende Beleuchtung sofort bleihaltig.

    Wenn ich auf die Frage, wieso ich keinen Persi mitführe,

    zart darauf hinweise, daß ich das ja gar nicht müsse.

    Und sicherlich bekannt sei , daß eine solche Mitführungspflicht

    auch gar nicht bestehe.

    Je nach Einschätzung füge ich noch an, " mit Alexander Spoerl pflege ich mit Geld auszuweisen." 10 € sind dann fällig - für's Fahrrad!

  • L
    lowandorder

    Christian Rath. Recht hat er.

     

    Dennoch sollten auch noch andere Verwaltungsgerichte

    angegangen werden VG Koblenz wie OLG Koblenz: werfen noch im

    Kohlenkeller Schatten.

     

    Zudem nimmt mit der fortschreitenden Militarisierung der Polizei

    das dümmlich-autoritäre Gehabe bei Bürgerkontakt zu.

    Das zeigt sich besonders bei den Kontrollen der hier umstrittenen Art.

    Daß der Satz: " Na, Lumumba, den Ausweis wieder vergessen", so nicht mehr fällt,

    liegt allein daran, daß dafür verschiedene Amtsrichter mal eben

    500 Emchen für Beleidigung ausgetan haben.

     

    Da ich grundsätzlich keinen Persi mit mir trage, wird die

    Luft bei beispielsweise Fahren ohne ausreichende Beleuchtung sofort bleihaltig.

    Wenn ich auf die Frage, wieso ich keinen Persi mitführe,

    zart darauf hinweise, daß ich das ja gar nicht müsse.

    Und sicherlich bekannt sei , daß eine solche Mitführungspflicht

    auch gar nicht bestehe.

    Je nach Einschätzung füge ich noch an, " mit Alexander Spoerl pflege ich mit Geld auszuweisen." 10 € sind dann fällig - für's Fahrrad!

  • M
    Mauermer

    Weder beschämend, noch diskriminierend, einfach nur ganz normale Arbeit der Beamten. Auch kein Integrationshindernis, wie kann eine dienstliche Anweisung jemanden daran hindern, sich zu integrieren? Und auch Biodeutsche werden kontrolliert und sind angehalten, in grenzüberschreitenden Zügen ein Ausweispapier bei sich zu führen. Ich wurde auch schon kontrolliert, an der Grenze zu Frankreich, Dauer etwas 10 Sek. eine Begrüßung, Ausweis vorzeigen, ein Dankeschön. Das war´s. Das ist zu ertragen, von allen Bürgern.

     

    Selbstverständlich müssen die verdachtsunabhängigen Kontrollen erhalten bleiben, ich würde sie sogar noch verstärken. Illegale Einwanderung ist ein Riesenproblem. Da ein Deutscher nicht illegal in sein Heimatland einreisen kann, bleibt nichts anderes übrig, als die zu kontrollieren, die nach der Berufserfahrung der Beamten eben irgendwie auffallen.

     

    Kein Problem, wieder mal nur das übliche Rumgeheule Weichgespülter!

  • R
    Rocora

    Nun ja, das ist wie mit der Vorratsdatensammlung oder mit den Kameras auf öffentlichen Plätzen, Bahnsteigen und Behörden... Doch wer nichts zu verbergen hat, der muss sich davor nicht fürchten. Wer sich nicht verstecken muss, der braucht auch gegen solche Kontrollen nichts zu haben. Was daran nun auch noch diskriminierend sein soll, erschließt sich mir nicht. Oder muss ich mich auch diskriminiert fühlen, wenn ich von der Polizei aus dem Straßenverkehr zur ganz normalen Verkehrskontrolle aus dem fließenden Verkehr "verdachtsunabhängig" rausgewunken werde? - Wie heißt es doch so richtig: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Und dass es mehr als einen Illegalen in unserem Land gibt, ist ja nun mal überall bekannt.

  • UH
    Udo Henn

    Die Kontrollen sind weder beschaemend, noch diskriminierend noch rassistisch und auch nicht integrationsfeindlich, sondern dienen lediglich der Einhaltung der Aufenthaltsgesetze.

    Ich moechte nicht in einem Land wohnen, wo jeder Terrorist oder sonstige Kriminelle unbehelligt einreisen kann.

  • K
    Korn

    Sehr geehrter Herr Rath,

     

    das kann man so sehen, muß man aber nicht. Ich stimme Ihnen keinesfalls zu. In diesen Worten drückt sich vielmehr wieder mal aus, daß Sie ihren Wunsch für die Realität nehmen.

    Jeder Staat hat das Recht und die (verdammte) Pflicht seine Integrität zu schützen. Keine menschliche Gemeinschaft, keine Gesellschat ist unendlich integrationsfähig.

    Dies um so weniger, wenn Menschen wie Sie die dadurch unvermeidlich auftretenden Probleme, Konflikte und Schwierigkeiten nicht nur immer wieder kleinreden, beschönigen und verniedlichen, sondern schlichtweg behaupten, daß sie gar nicht existieren. Vielmehr sei die aufnehmende Gesellschaft das Problem, die sich weigert überkommenen Regeln und Sitten anzupassen.

    So sehr wir alles von unserer Seite nur irgend mögliche daür tun müssen, daß Menschen keinen Grund mehr haben, ihre Länder zu verlassen, so wenig kann die Lösung sein, jeden in unser Land zu lassen, der es nur will. Das ist nichts anderes als Selbstaufgabe.

    Wenn ich die taz insgesamt betrachte, ist es genau das von Ihnen Erwünschte und Erstrebte - SELBSTAUFGABE!

    Aber diesen Selbsthass teile weder ich noch andere Menschen - vergessen Sie das niemals!

     

    Korn

  • S
    Sven

    Wow, das sowas in Deutschland erlaubt ist...unfassbar! Hitler waere Stolz auf Deutschland... ekelhaft.

  • J
    Julio

    Das ist wirklich so. Ich bin Brasilianer und reise sehr oft zw. Brasilien - Deutschland und ich werde immer wieder kontrolliert bei der Einreise in Deutschland und muss dabei zugucken wie keiner (ausehende) Europäer kontrolliert wird. Manchmal werde ich nicht nur 1x sondern 3x im selben Flughafen kontrolliert. Kaum zu fassen.

  • B
    BNN

    Die Gesetze abschaffen?

     

    Es gibt Gesetze, die bestimmen, wer legal einwandern darf und wer nicht. Wenn man vorschlaegt, diese Gesetze nicht mehr zu kontrollieren - und das will der Autor - dann frage ich mich, ob er auch die Gesetze zur Einwanderung abschaffen will und faktisch jedem Menschen erlauben will, sich in Deutschland niederzulassen.

     

     

    Ist das gewuenscht?