Kommentar Venezuela tritt Mercosur bei: Putsch gegen die USA
Die USA müssen zähneknirschend zusehen, wie Venezuela dem Mercosur beitritt. Für sie wird der Zugriff auf die größten Erdöl- und Erdggasvorkommen der Welt schwieriger.
D er kalte Putsch gegen Paraguays Präsident Fernando Lugo hat die politische und wirtschaftliche Konstellation in ganz Amerika verschoben. Noch vor Wochen hatten die USA mit der Bildung der Pazifik-Allianz bestehend aus Chile, Peru und Kolumbien mit Panama, Costa Rica und Mexiko einen Sieg des Freihandels Made in USA gefeiert.
Jetzt müssen sie zähneknirschend dabei zusehen, wie Venezuela der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur beitritt. Schuld daran sind ausgerechnet ihre treuesten Bündnispartner in der Region: Paraguays ultrarechte Eliten mit ihrem Putsch.
Für die USA wird es nun wesentlich schwerer, sich den Zugriff auf die größten Erdöl- und Erdgasvorkommen der Welt – wie noch bis in die 1980er Jahre hinein – wieder zu sichern. Ein wie auch immer getarnter Putsch gegen Hugo Chávez ist ausgeschlossen: Brasilien wird einen Eingriff in seinen Hinterhof nicht mehr dulden, die brasilianische Regierung ist ja die treibende Kraft hinter der Aufnahme des Ölstaates.
JÜRGEN VOGT ist Argentinien-Korrespondent der taz.
Mit dem Beitritt Venezuelas gewinnt der Mercosur enorm an Anziehungskraft. Bolivien und Ecuador könnten sich schon bald um eine Vollmitgliedschaft bewerben. Die Strategie der USA, über Freihandelsabkommen mit einzelnen Staaten die Bildung eines starken Blocks im südlichen Amerika zu verhindern, ist gescheitert.
Auch dass die rechten Senatoren in Paraguay eine Wahlhilfe für Hugo Chávez sein würden, hatten sie nicht erwartet. „Mit mir in den Mercosur“ kann Chávez im laufenden Kampf um die Präsidentschaftswahl am 7. Oktober verkünden. Er wird das Familienfoto der PräsidentInnen aus Rio de Janeiro hochhalten und sagen: Seht her, wir arbeiten an der Erfüllung des Traums von Simón Bolívar: des Traums von einem freien und geeinten Lateinamerika.
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