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Kommentar V-Mann im NSU-KomplexEin gescheitertes System

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Ein V-Mann gab NSU-Wissen nicht weiter – oder das Amt verwertete diese Kenntnisse nicht. Beides beweist: Der Einsatz von V-Leuten bringt nichts.

Neonazis? V-Leute? Beides? Foto: dpa

W enn man denkt, das Zeugnis für den Verfassungsschutz im NSU-Komplex könnte miserabler nicht ausfallen, dann geht es doch noch ärger. Diesmal also Roland Sokol. Der jüngst verstorbene Vollblut-Neonazi gehörte mehr als zwanzig Jahre den extremsten und gewaltbereitesten Spektren der rechten Szene an, den Hammerskins und Blood & Honour. Und, wie jetzt bekannt ist: Er berichtete aus diesem Innenleben auch dem Verfassungsschutz.

Mehr noch. Als der NSU aufflog, landete die einzige Bekenner-DVD, die, so weit bekannt, an einen rechtsextremen Empfänger ging, ausgerechnet bei dem Szene-Versand, den Sokol gerade übernahm. Über die brisante Post war der Dienst informiert und berichtete dem BKA – freilich ohne Verweis auf seine Quelle Sokol.

Nun bleiben Fragen offen, mal wieder. Wusste Sokol etwas über das NSU-Trio? Oder zumindest über Helfer der Untergetauchten? Immerhin gehörte Sokol genau zu dem Spektrum, das dem NSU Wohnungen oder gefälschte Pässe vermittelte – „Blood & Honour“. Und er hielt offenbar über Jahre Kontakte zur rechten Szene in Chemnitz, wo das Trio zuerst Unterschlupf fand. Doch der Verfassungsschutz schweigt.

Und es ist nicht nur Sokol. Der Dienst hatte auch Quellen, die dem Trio wohl noch viel näher waren. Ein V-Mann aus Brandenburg berichtete, wer für das Trio Waffen beschaffe. Ein Spitzel bot nach eigener Auskunft an, die Untergetauchten zu beherbergen. Ein Dritter telefonierte sogar mit Uwe Böhnhardt, als dieser schon im Untergrund war. Dazu kamen immer wieder Tipps, wo sich das Trio aufhalte: im Raum Chemnitz. Und wer es unterstütze: das Blood&Honour-Netzwerk.

Der Verfassungsschutz machte daraus: nichts. Der NSU blieb über Jahre unentdeckt und mordete, zehnfach. Obwohl, wie jetzt wieder deutlich wird, es an Informanten nicht mangelte. Diese aber gaben ihr Wissen nicht weiter – oder das Amt verwertete es nicht. Beides beweist: Das V-Leute-System ist gescheitert.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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2 Kommentare

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  • Das V-Leute-System ist höchst effizient! Woher sollte denn sonst das ganze Geld kommen mit dem die Nazis in den letzten Jahrzehnten ihre Strukturen aufbauen und festigen konnten?

    Der Staat finanziert Faschisten, effizienter geht es kaum.

    • @Cynical Inquirer:

      ein schelm, der böses denkt