Kommentar: Urteil zu Garzweiler II: Im Rheinland nichts Neues
Bei Garzweiler II laufen die Maschinen weiter. Doch muss mehr passieren, als nur die Rechte der Betroffenen zu stärken – ein Umdenken ist gefragt.
E s ist ein lapidarer Satz mit einem hohen Empörungspotenzial: Eine Gesellschaft mit enormem Rohstoffverbrauch muss sich mit den Folgen der Rohstoffgewinnung abfinden. Berliner fahren zwar gerne mit ihrem Auto zu ihrer Datsche nach Brandenburg, regen sich aber fürchterlich auf, wenn in der Lausitz nach Öl gebohrt wird.
Entwicklungsverbände geißeln den Kupferbergbau in Lateinamerika – und schicken ihre Kritik ihrer Zielgruppe via Twitter aufs Smartphone. Diese Haltung gegenüber Rohstoffen ist, gelinde gesagt, nicht ganz konsequent.
Die Grundlagen des heutigen Bergrechts entstammen einer Zeit, in der der Zusammenhang zwischen Gewinnung und Verbrauch noch greifbarer war. Es ist getragen von dem Gedanken, dass der Zugang zu Metallen oder Energierohstoffen gesichert sein muss.
Unsere Abhängigkeit von Rohstoffen hat zwar keinesfalls abgenommen, nur findet der Zugang nicht mehr vor unserer Haustür statt, sondern meistens weit weg. Und so ist es auch mit Enteignungen, Umweltverschmutzung und Landschaftszerstörung. Weltweit steigende Rohstoffpreise und verschärfte Konkurrenz um Ressourcen werden den Bergbau auch hierzulande wieder lohnend machen, daran müssen wir uns gewöhnen – solange wir sie nutzen wollen.
Allerdings entstammt das Bergrecht auch einer vordemokratischen Zeit und ist heute nicht mehr angemessen. Es reicht nicht aus, dass die Betroffenen von Bergbauprojekten zu einem früheren Zeitpunkt klagen dürfen; sie brauchen von Anfang an mehr Mitspracherechte.
Ein modernes Bergrecht muss zudem die Verschwendung von Rohstoffen gleich zu Beginn verhindern – und ihren Abbau durch Abgaben verteuern. In der Opposition wollte die SPD das Bergrecht in diesem Sinne vorsichtig modernisieren; in einer Koalition mit der in diesem Punkt hartleibigen CDU ist hier wenig zu erwarten.
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