Kommentar Unternehmensteuer: Gutes Geschäft für Aktionäre

Gewinne werden entlastet, Konsumenten und Lohnempfänger belastet. Alle Aktionäre können sich bei der Regierung bedanken.

Haben SPD-Linke oder Attac übertrieben mit ihrer Kritik an der Bundesregierung? Düster prognostizierten sie im vergangenen Jahr, dass die Reform der Unternehmensteuern Milliarden kosten würde. Wie viel den Konzernen konkret geschenkt würde, darüber gingen die Schätzungen zwar auseinander - würden es 5 Milliarden, 8 Milliarden oder gar 10 Milliarden Euro sein? Doch nun scheint sich ein Wunder anzubahnen: Das Aufkommen der Körperschaftsteuer bricht kaum ein, obwohl der Satz spektakulär von 25 auf ganze 15 Prozent gesenkt wurde.

Aber wie bei allen Wundern kommt es auch diesmal auf die Perspektive an. Wer nur die Ist-Bestände in der Steuerkasse zwischen 2007 und 2008 vergleicht, der wird tatsächlich nicht erkennen können, dass die Reform der Unternehmensteuern großen Schaden anrichtet - hat der Staat doch fast die gleichen Milliardenbeträge kassiert. Aber Milliarden wovon? Die Ist-Betrachtung ist unseriös, weil sie einfach übergeht, dass die Gewinne der Konzerne inzwischen erneut gestiegen sind. Interessant ist daher nur der Vergleich, was der Staat hätte einnehmen können, wenn er die neuen Profite mit den alten Steuersätzen veranlagt hätte. Und dann bleibt es dabei: Die Reform der Unternehmensteuer kostet Milliarden.

Das ist keine Bagatelle. Denn im deutsche Steuerrecht gilt eigentlich, dass nach Leistungsstärke belastet wird. Und niemand ist finanzkräftiger als die Unternehmen: Ihre Gewinne wachsen weit stärker als die Wirtschaft. Die Reallöhne hingegen sinken, was durchaus miteinander zusammenhängt. Bankanalysten geben in ihren Börsen-Expertisen freimütig zu, dass die Firmenprofite gerade deswegen steigen, weil die Lohnquote so stark gedrückt werden konnte. Man nennt dieses Phänomen auch die schrumpfende Mittelschicht. Doch als hätte die Regierung davon noch nie gehört, verkehrt sie das Besteuerungsprinzip nach Leistungsfähigkeit in ihr Gegenteil: Gewinne werden entlastet, Konsumenten und Lohnempfänger belastet. Alle Aktionäre können sich bei der Regierung bedanken. ULRIKE HERRMANN

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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