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Kommentar Union und MigrantenDie Integration der Stammtische

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Gespensterdebatten um angebliche "Integrationsverweigerer" und "falsche" Zuwanderer tragen nur dazu bei, Ressentiments zu schüren. Da war die Union schon mal weiter.

W enn sich Angela Merkel heute mit Migrantenverbänden und anderen Interessenvertretern zum "Integrationsgipfel" trifft, dürfte die Stimmung gereizt sein. Sie wolle die Einwanderer stärker "fordern und fördern" - das gab die Kanzlerin als Motto aus, als sie vor fünf Jahren die erste Konferenz dieser Art einberief. Doch dass die Ausländer- und Aufenthaltsgesetze seither noch verschärft wurden, während es in Sachen "Fördern" meist bei vagen Absichtserklärungen blieb, hat viele ernüchtert.

Die CSU legt jetzt gleich einen ganzen Stapel neuer Forderungen auf den Tisch. Sie dringt darauf, sogenannte Integrationsverweigerer mit härteren Sanktionen zu bestrafen, Dabei weiß niemand so genau, wer das sein soll und wie viele es von ihnen gibt. Und sie will die Zuwanderung aus dem Ausland begrenzen. Dabei ist die ohnehin spärlich.

Horst Seehofers Kalkül ist klar: Mit seinen populistischen Sprüchen über türkische und arabische Einwanderer will er jene Lücke zwischen der Merkel-Union und den Stammtischen schließen, in die sonst eine neue rechtspopulistische Partei stoßen könnte. Doch dieses Kalkül ist kurzsichtig, denn die Erfahrung aus Ländern wie Österreich und den Niederlanden lehrt: Wer Ressentiments gegen Einwanderer salonfähig macht, bereitet künftigen Rechtspopulisten den Weg.

Bild: taz

Daniel Bax ist Redakteur im taz-Meinungsressort.

Gespensterdebatten wie die um angebliche "Integrationsverweigerer" und "falsche" Zuwanderer tragen nur dazu bei, verbreitete Ressentiments zu schüren. Und Angela Merkel fällt dazu nicht viel mehr ein, als zu erklären, dass "Multikulti gescheitert" sei. Da war die Union schon mal weiter. Gleichzeitig lenkt die CSU mit ihrem Getöse von den wirklichen Problemen in Sachen Bildung und Arbeitsmarkt ab - und droht, jene Fortschritte in der Integrationspolitik zu blockieren, zu denen diese Regierung ansonsten durchaus in der Lage wäre.

Viele Migranten haben sich an solche Debatten gewöhnt. Sie gehören zu diesem Land wie der kalte Novemberregen, der ja auch irgendwann vorübergeht.

Andere, wie jene rund 700 Deutschtürken etwa, die jetzt einen offenen Brief an die Politik verfasst haben, sind alarmiert und fürchten Schlimmeres: eine Wiederkehr jener populistischen Stimmungsmache, die in den frühen Neunzigerjahren in Mölln und Solingen mehrere Tote forderte. So weit muss es nicht kommen. Aber die Politik muss auch diese Sorgen und Ängste ernst nehmen.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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10 Kommentare

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  • L
    Lucia

    @ Pia:

    Die Fakten sehen so aus:

     

    Pim Fortuyn hatte sich als Islam-Kritiker profiliert.

     

    Der Mörder,...“der zunächst die Aussage zu seinen Motiven verweigerte und später im Prozess 2003 aussagte,

    „Muslime schützen“ zu wollen. Fortuyn hätte diese als „Sündenböcke“ benutzt und sich auf Kosten der „schwächsten Teile der Gesellschaft“ politisch profiliert...“:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Pim_Fortuyn

     

    Seine Partei, die nach seinem Tod einen großen Wahlerfolg einfuhr, ging später in Nachfolgeparteien wie der PVV von Geert Wilders auf.

  • P
    Pia

    @ Lucia

    Pim Fortuyn wird von einem sehr weißen, sehr niederländischen Tierschützer erschossen, und das bereitet Rechtspopulisten den Weg – nanu? Wie das denn?

     

    Ah! Wer der Argumentation des Artikels nichts entgegensetzen kann, der macht sich an die freie Interpretation von Fakten.

  • Z
    Zeus

    Wie stehts um den, der es nötig hat, die Meinung Andersdenkender zu zensieren?

  • JS
    Josef Schilehrer

    GESPENSTERdebatte...?

     

    Hier sieht man nochmal die (schon sehr selten gewordene) Spezies des Totalverweigerers....

     

    Es kann keine Probleme geben, weil es keine Probleme geben darf.

     

    Der Totalverweigerer zeichnet sich durch ein meist kinderloses Leben in noblen Vororten, also weit abgeschieden von Otto Normalbürger aus.

     

    Gut, dass es diese Sorte bald nur mehr in verschwindend geringem Ausmass geben wird. Politisch relavant ist sie ohnehin nicht mehr.

  • H
    Hatem

    "...Gespensterdebatten wie die um angebliche "Integrationsverweigerer" ..."

     

    Danke, Herr Bax, Sie haben mir die Augen geöffnet, Danke!

  • L
    Lucia

    "...denn die Erfahrung aus Ländern wie Österreich und den Niederlanden lehrt: Wer Ressentiments gegen Einwanderer salonfähig macht, bereitet künftigen Rechtspopulisten den Weg...":

     

    Woher bezieht DANIEL BAX loß seine Infos?

     

    Beispiel Holland: u.a. die Morde an Pim Fortuyn und Van Gogh bereiteten den Weg, nicht Ressentiments gegen Einwanderer.

    Wobei diese Zuordnung mal wieder zu pauschal ist. Niemand hat sich in Holland über Chinesen aufgeregt...

     

    Wenn die Bevölkerung sich von den etablierten Parteien nicht mehr ernstgenommen fühlt, führt dies zu den hohen Umfragewerten für eine theoretische Sarrazin-Partei.

     

    Stimmungsmache gegen eine kritische Analyse der Probleme ist kontraproduktiv, und zeigt wiedereinmal mehr die Feigheit deutscher Politiker und Journalisten.

    Woran liegt es denn, daß man gleich Todesdrohungen bekommt, und Polizeischutz braucht, wenn man deutlich Kritik übt?

  • M
    m.philipp

    Zum Glück dreht sich der Wind : Menschen, deren unakzeptable Einstellung zu Recht und ORDNUNG in Europa von Linken nur benutzt wird, um sich selbst krypto-religiös für tolerant halten zu können, werden hoffentlich weniger werden!

  • H
    Hannes

    Es hat Tradition, dass die CDU von Zeit zu Zeit eine Kampagne gegen Ausländer, Migranten oder aber Deutsche mit Migrationshintergrund fährt. Man denke nur an Rühes Megafalle für die SPD, die dann ihre vorbildliche Haltung der Tagespolitik (Petersberger Beschlüsse) opferte.

    Der Punkt ist doch einfach: Jede Stimmungsmache gegen Migranten ist ein Nachteil für dieses Land. Die CDU weiß das und macht dennoch alle Jahre wieder Stimmung.

    Aber hier muss ich D. Bax widersprechen: Sie waren noch nie weiter. Die Union begreifft es nämlich nicht, sondern macht hier eine Migrantin zur Ministerin, dort pollert sie gegen Integrationsverweigerer, ohne die Faktoren und Situationen überhaupt zu kennen, zu dokumentieren und zu analysieren. Das ist unterste Schublade und nur ein weiterer Punkt einer schon extrem unsozialen Regierung, die Kinder verarmen lässt. Da muss eben jede Woche ein neuer Popanz ran, damit der Bürger seinen Ärger auf ein Feindbild projezieren kann.

  • DS
    der strolch

    „Alle Religionen sind gleich und wenn nur die Leute, die sich bekennen, ehrliche Leute sind, auch wenn es Türken und Heiden sind, die kämen und das Land besiedeln wollten, so bauen wir ihnen Moscheen und Kirchen“ – 1740, Friedrich II von Preußen

     

    wir waren schon mal weiter…

  • WW
    william wolfo

    Herr Daniel Bax hebt sich als Stimme der Vernunft wieder positiv ab. Kein Schnörkel zuviel, keine Eitelkeit in den Formulierungen. Danke.

     

    Ihr Erkennt die Verwirrten und Unruhstifter an ihrer unklaren Sprache.