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Kommentar ÜberwachungsstaatJedem Auto seinen Peilsender

Daniel Schulz
Kommentar von Daniel Schulz

Die Niederlande wollen das perfekte Kfz-Umweltkontrollsystem einführen. Sicherheitspolitiker und Steuerfahnder werden sich feuen, denn damit ist auch eine lückenlose Überwachung möglich.

D ass Autos entsprechend ihrer Umweltschädlichkeit besteuert werden sollen, fordern Umweltschützer seit Langem. Fraglich ist, wie das gerecht umzusetzen wäre. Die Antwort aus den Niederlanden lautet nun: Jedem Auto seinen Peilsender. Diese Lösung soll perfekt sein, und genau das ist ihr Problem.

Perfekte Lösungen sollen stets den Anspruch erfüllen, Risiken und Unsicherheiten komplett auszuschalten. Ob Sicherheitspolitiker Terrorismus bekämpfen, Finanzminister jeden Steuercent einsammeln oder Umweltschützer Abgassünder zur Verantwortung ziehen wollen - es läuft darauf hinaus, ein lückenloses System zu installieren, welches dem Übeltäter nicht das kleinste Schlupfloch lässt.

Doch das vermeintliche Ausschalten von Risiken durch Überwachung schafft an anderer Stelle neue. Wohin ein Mensch wann fährt und wie lange er dort geblieben ist, verrät viel über sein Leben. Ist die Infrastruktur, dies zu erfassen, erst installiert, werden sich die Staatsschützer von den Daten nur schwer fernhalten lassen.

Die Erfahrung zeigt: Der rechtliche Schutz der Daten kann aufgehoben, der technische Schutz umgangen werden. Umweltschutz mag für Linke wichtiger sein als innere Sicherheit. Aber rechtfertigt das, den Behörden so tiefen Einblick in die Privatsphäre zu geben? Wie verträgt sich das mit dem Gedanken, dass in einer Demokratie der Bürger dem Staat grundsätzlich misstrauen können muss?

Die Niederlande und andere demokratisch verfasste Staaten täten gut daran, sich eine andere Regelung zu überlegen - etwa indem starke Luftverpester generell höher besteuert werden. Das Risiko, dass ein Übeltäter durch die Lücke schlüpft, wäre natürlich höher. Das System hätte nicht die Aufgabe, perfekt zu sein, und wäre damit das bessere.

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Daniel Schulz
Reportage und Recherche
Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.
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5 Kommentare

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  • KK
    Klaus Keller

    die Niederlande wird heftig umgebaut, vor kurzem

    "das Recht auf Hausbesetzung" gestrichen, jetzt Totalüberwachung für PKW.

    Es lebe der Überwachungsstaat, bin gespannt wann wer wie die Daten mißbraucht.

     

    PS: keine sorge eure handys haben schon lange peilsender.

     

    @Vic: empfehle in diesem Fall nicht zu wählen(sie sind in diesem Fall in eine wundernare psychologische Falle getappt)sondern beides abzulehnen...

     

    Ich fange an Totalverweigerer zu bewundern

     

    PS wenn die Niederländer durch D-land fahren bekommt dann Schäuble das geld, und de Meziere die Daten?

     

     

    klaus keller hanau

  • S
    Steffi

    Vic?

     

    Gibs zu, du hast gar kein Auto.

     

    Du irritierst mich gerade sehr. Bist du nicht sonst einer von denen, die 'Ich hab nichts zu verbergen' als verharmlosendes Scheinargument für Leute abtun, die sich mit der Sache nicht auseinandersetzen wollen?

  • T
    Toaotc

    Eigentlich ist dieses Vorhaben so absurd, dass man es gar nicht kommentieren brauchte…

     

    Dennoch:

    Hab ich irgend etwas übersehen? Eine Steueranhebung auf Kraftstoffe würde doch genau den gleichen Effekt erzielen.

     

    Es sei denn, der zu erzielende Effekt soll tatsächlich eine lückenlose Überwachung sein.

    Dass wäre allerdings ein ziemlich plumper Versuch seitens der Grünen, die Leute zu Fußgängern machen zu wollen - wenngleich auch nicht der erste.

  • RS
    Rod Sanchez

    Es gibt nunmal einen gewissen Menschenschlag, der seine Lebensaufgabe darin sieht, Macht und Kontrolle auf andere auszuüben. Das ist das Barufskarrieristentum, welches alles bereit ist dafür zu tun Macht über andere zu erlangen. Sei es das Chefzäpfchen zu spielen oder einmal erhaltene Macht gnadenlos auszunutzen. Und dieser Menschenschlag ist es auch, der eben in der Politik hochkommt, weil es persönlcihes Machtinteresse vor politische Ideologie und Gemeinwohl stellt.

  • V
    vic

    Es ist mir lieber, mein Auto hat einen Peilsender, als meine Wohnung eine versteckte Kamera und mein PC diverse Add-Ons.

    Ersteres im Sinne des Umweltschutzes und der Steuergerechtigkeit. Meinen Wagen würde das System vorwiegend in der Garage orten. Das ist sicher sehr aufregend.