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Kommentar Übernahme Hess-NaturKaufen und kontrollieren

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Wird Hess-Natur von Capvis gekauft, ist die Vorzeigemarke in Zukunft genau zu beobachten. Die Nachhaltigkeit darf nicht unter einer möglichen Gewinnoptimierung leiden.

D ass wohl eine Beteiligungsgesellschaft (Heuschrecke!) den Ökoversand Hess-Natur kaufen wird, ist nicht schön. Zumal die Alternative zur Schweizer Gesellschaft Capvis eine Genossenschaft ist, getragen von Beschäftigten und Kunden. Fraglos ist die Selbstverwaltung von Betrieben eine Unternehmensform mit Zukunft. Sie ermöglicht ein Wirtschaften, das sich an langfristigen, nachhaltigen Zielen orientiert und nicht am schnellen Gewinn.

Kommt Capvis zum Zuge, haben Organisationen wie die Kampagne für Saubere Kleidung oder Greenpeace, natürlich auch die Kunden, einen klaren Auftrag: Sie müssen Hess-Natur akribisch auf die Finger schauen und kontrollieren, ob die sozialen und ökologischen Standards weiter eingehalten werden. Denn auf die kommt es an.

Die Herstellungsbedingungen der globalen Bekleidungsindustrie sind grauenhaft. Näherinnen werden ausgebeutet. Giftige Farben und Waschmittel verseuchen das Wasser in Produktionsländern wie China oder Bangladesch. Der intensive Anbau von – überwiegend gentechnisch veränderter – Baumwolle versalzt fruchtbare Ackerböden, wenn nicht gleich Kunstfasern auf Erdölbasis benutzt werden, die später als Plastikmüll die Meere verschmutzen.

Die sozialen und ökologischen Probleme sind so riesig, dass ein Boykott gegen eine Firma, die alternativ hergestellte Kleidung anbietet, nicht zu rechtfertigen ist. Vor allem, weil Capvis im Ruf steht, mit seinen Unternehmen zwar vor allem viel Geld verdienen zu wollen, für ihre Geschäftsmodelle aber durchaus Verständnis hat.

Die Autorin

HEIKE HOLDINGHAUSEN ist Redakteurin im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.

Anders gesagt: Die Schweizer wären schön blöd, wenn sie die Umwelt- und Sozialstandards von Hess-Natur senken würden, denn die garantieren den Erfolg der Firma. Es gibt allerdings keinen Grund, darauf zu vertrauen. Wachsamkeit ist angebracht.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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2 Kommentare

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  • AS
    Andreas Schurack

    Gerade bei einem Unternehmen wie hessnatur sollten die Kunden zeigen, dass es nur besser (im Sinne von hin zu einer solidarischen, ökologischen Wirtschaft) werden kann, Rückschritte wie durch die Capvis Übernahme jedoch nicht geduldet werden. Daher kann ich nur empfehlen, so lange auf Einkäufe bei hessnatur zu verzichten, bis sich Capvis zurückgezogen hat und das Unternehmen endlich in die Hände der Genossenschaft hnGeno (www.hngeno.de) kommt. Auch Briefe an Capvis und hessnatur sind angesagt, weiterhin die Rücksendung von Bestellten Waren und die Bitte um Löschung als Kunde bei hessnatur mit dem Hinweis auf Heuschreckenallergie.

    Solidarisieren kann man sich auch unter www.wir-sind-die-konsumenten.de

    Weitere Infos unter: http://www.dreigliederung.de/capvis/

  • H
    h.jaeger

    Ich verstehe Ihren Standpunkt, ich teile ihn nicht. Es ist das ewige "besser als nichts", verbunden mit der Fiktion, man hätte Einfluss auf ein solches Unternehmen über den Umsatz hinaus.

     

    Als Kunde muss ich einem Unternehmen in all diesen Dingen wie Qualität der Ware, faire Beziehungen zu seinen Lieferanten und Mitarbeitern. erst recht bei ökologischen Projekten vertrauen können, denn wirklichen Einblick habe ich nicht. Dieses Vertrauen muss erworben werden, und kann auch leicht, und dann umsatzwirksam, verloren gehen. In der Biobranche täglich Brot.

     

    Ein Unternehmen, das seinen Geschäftszweck darin sieht, maximalen Profit einzutreiben für sich und sonstige unbekannt bleibende Anleger, folgerichtig einen Firmensitz auch auf Jersey hat, ist in seiner prinzipiellen Ausrichtung nicht geeignet, irgendein Vertrauen von Kunden zu rechtfertigen, die sich der Nachhaltigkeit, der Ökologie und dem sozialen Fortschritt verpflichtet fühlen.