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Kommentar ÜberfischungDer letzte rechtsfreie Raum

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Was auf dem Land nie toleriert würde, ist in den Meeren bittere Wahrheit: Vier Fünftel der globalen Fischbestände sind überfischt. Die Lösung sind Schutzregeln.

D ie Meere sind der letzte große rechtsfreie Raum der Welt. Abgesehen von den schmalen Küstengewässern gelten auf den Ozeanen keine Staatsgrenzen und keine Gesetzbücher. Die Flotten der Welt können ungehindert Raubbau am Fischbestand betreiben, und auch andere Skandale wie Müllverklappung oder die Entsorgung von Flüchtlingen sind nicht zu ahnden. Mangels Durchsetzung gesetzlicher Regelungen wird auf dem Wasser vieles toleriert, was auf dem Land längst skandalisiert und abgestellt worden ist. Auch der sich nun abzeichnende weltweite Kollaps von immer mehr Fischbeständen ist ein Symptom dieser Fahrlässigkeit.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im Auslandsressort der taz.

Die Weltpolitik geht mit dem Problem des ungebremsten Fischfangs noch hilfloser um als mit der globalen Wirtschaftskrise, obwohl die Interessengruppen der industriellen Fischerei, deren Egoismus einzuschränken wäre, viel kleiner sind. Die gemeinsame EU-Fischereipolitik ist zwar der einzige Ansatz, nationales Denken zu überwinden, aber ihr Ergebnis ist das Gegenteil dessen, was notwendig wäre: Konzipiert und reguliert von Lobbyisten unter sich, erzwingt sie geradezu die systematische Überfischung. Und nachdem Europas Gewässer nun weitgehend leer sind, ziehen die subventionenfressenden und umweltzerstörenden EU-Fangflotten jetzt südwärts und wollen die Küsten Afrikas abräumen. Fischerei funktioniert eben fast überall noch so wie Wilderei, nicht wie eine auf Nachhaltigkeit bedachte Nahrungsmittelindustrie.

Wann wird endlich auch zu Wasser das zu Lande längst abgeschaffte koloniale Denken überwunden, wonach unerforschtes Gebiet niemandem gehört, sondern aus jungfräulichen Flächen besteht, die nur darauf warten, von mutigen Pionieren in Besitz genommen zu werden? Die Zeit drängt. Sind einmal wegen des Klimawandels und der Überfischung die Meere steril, winken die Tiefsee, die Arktis und danach die Antarktis. Was schlummert nicht alles an Reichtümern unter den polaren Eismassen und in den undurchdringlichen Tiefen der Ozeane? Die menschliche Skrupellosigkeit lässt sich doch nicht von ein bisschen CO2 aufhalten. Nur Menschen, die Schutzregeln aufstellen und für ihre Einhaltung sorgen, können das tun.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • H
    hto

    DOMINIC JOHNSON: "Wann wird endlich auch zu Wasser das zu Lande längst abgeschaffte koloniale Denken überwunden, wonach unerforschtes Gebiet niemandem gehört, sondern aus jungfräulichen Flächen besteht, die nur darauf warten, von mutigen Pionieren in Besitz genommen zu werden?"

     

    Wann wurde dieses Denken denn überwunden, wo es ziemlich offensichtlich nur in der Veränderung der Kommunikation vom "gesunden" Konkurrenzdenken getarnt wird?

     

    Beispiel: Dienstleistungsgesellschaft - neues / zeitgeistliches Wort für Sklaverei.

     

    Dieses "freiheitliche" System funktioniert auf der Basis / im Zynismus von Konfusion in Ausbeutung und Unterdrückung!