Kommentar US-Vorwahlkampf: Weltferne Amerikaner

Die USA blockieren im Klima, stürzen eine ganze Region ins Chaos - und worum geht's im Wahlkampf? Eheprobleme und Kindheitssünden. Ihnen ist wohl nicht mehr zu helfen.

Wer sich den US-amerikanischen Vorwahlkampf von außen ansieht, muss schwer dagegen ankämpfen, nicht doch noch echte antiamerikanische Gefühle zu entwickeln. So legt eine US-Regierung durch ihre kurzsichtige Interessenpolitik eine ganze Klimakonferenz lahm. Dabei können die Beschlüsse dort entscheidend sein für die Zukunft des Planeten. Die gleiche Regierung hat kurz zuvor mit dem Mittleren Osten eine ganze Region ins Chaos geführt. Und worüber streiten sich die demokratischen Präsidentschaftskandidaten? Bei ihrer letzten Fernsehdebatte vor den ersten Vorwahlen in Iowa am 3. Januar ging es vor allem um Charakterfragen und Führungserfahrung. Auf republikanischer Seite hingegen kämpfen seit Wochen Mike Huckabee, ein christlich-konservativer Religionsfanatiker, gegen Mitt Romney, einen mormonischen Religionsfanatiker - beide führen inzwischen das Feld an. Ihre Themen: Migration, Glaubensfragen. Und gut die Hälfte der acht republikanischen Kandidaten bestreitet weiterhin, dass der menschliche Einfluss auf den Klimawandel zu beweisen wäre.

Liebe US-Präsidentschaftskandidaten: Wäre es euch unter Umständen möglich, wenigstens ein bisschen Bewusstsein für die Verantwortung zu zeigen, die jeder oder jede von euch, einmal gewählt, für die Welt hätte?

Sicher, wer am Ende im Weißen Haus ankommen will, muss vorher von den US-Amerikanern auch gewählt werden, jedenfalls wenn alles mit rechten Dingen zugeht. Und wenn es die US-Amerikaner wirklich mehr interessieren sollte, wie Barack Obama seine Kindheit verbracht hat, Rudy Giuliani seine Ehe oder woran Mitt Romney tatsächlich glaubt, dann ist ihnen eben nicht zu helfen. Nur darf es doch nicht wahr sein, dass sich aus solch einem Unsinn heraus entscheidet, wer künftig die wichtigste Macht der Welt anführt.

Die Kritik ist unfair. So sehr unterscheidet sich der US-Wahlkampf nicht von anderen. Und was können schon die WählerInnen aus Iowa dafür, dass ihre Lokalbefindlichkeiten womöglich globale Politik bestimmen? Nichts. Nur: Weltmacht verpflichtet - auch wenn das nirgends geschrieben steht.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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