Kommentar US-Vorwahlen: Nichts ist mehr unmöglich
Bernie Sanders inszeniert sich als Outsider. Das hat auch schon bei Obama geklappt. Doch selbst ein Präsident Sanders könnte nicht viel verändern.
B ernie Sanders kann gewinnen. Dies ist das wichtigste Ergebnis der Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire. Mit 20 Prozentpunkten Vorsprung siegte am Dienstag der selbst erklärte Sozialist, dem zu Beginn des Wahlkampfs kaum jemand auch nur den Hauch einer Chance gegen die übermächtige Hillary Clinton eingeräumt hatte.
Nun ist Sanders von der Nominierung zum demokratischen Kandidaten noch recht weit entfernt. Aber Clinton eben plötzlich auch.
Sanders, wie Donald Trump bei den Republikanern, wie aber auch Barack Obama 2008, George W. Bush im Jahr 2000 und Bill Clinton 1992, spielt die Karte des Outsiders, des Anti-Establishment-Kandidaten gegen das korrupte Washington. Wenn es eine Kontinuität in der US-Politik gibt, dann die des wahltaktischen Anprangerns der verrotteten Zustände – auf beiden Seiten des politischen Spektrums.
Nichts ist mehr unmöglich. Ein republikanischer Kandidat Trump scheint kaum noch aufzuhalten, ein demokratischer Kandidat Sanders zumindest denkbar, wenn auch nicht wahrscheinlich.
Die Basis ist nach links gerückt
Dabei ist das Argument, Sanders sei für die Mitte, die im November die Wahl entscheide, nicht wählbar, inzwischen zum Scheinhindernis geworden: Bei den letzten Umfragen würde Sanders gegen Trump sogar besser abschneiden als Clinton. Gewinnen würden sie allerdings beide.
In nahezu allen Staaten außer New Hampshire liegt Clinton in den Umfragen bislang meilenweit vor Sanders. Und doch hat er schon jetzt die Dynamik entscheidend verändert, und das hat selbst dann Auswirkungen, wenn er nicht gewinnt. Die demokratische Basis ist nach links gerückt. Während die Republikaner möglichst ungeschehen machen wollen, was Barack Obama erreicht hat, wollen demokratische WählerInnen noch viel weiter gehen. Sanders befeuert das.
Nur: Es erscheint vollkommen illusorisch, dass die Demokraten im November die Kontrolle über Senat oder gar Repräsentantenhaus zurückgewinnen könnten. Sowohl Sanders als auch Clinton wären von Anfang an in einer noch schlimmeren Position als Obama, der immerhin in seinen ersten zwei Jahren noch eine demokratische Mehrheit hatte.
Der Wahlkampf wird Milliarden Dollar verschlingen. Die US-Politik aber wird sich kaum grundlegend ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eklat wegen Palästina-Shirt im Bundestag
Schockiert doch mal!
Greta Thunbergs Soli-Aktion mit Gaza
Schräger Segeltörn
Streit zwischen Trump und Musk eskaliert
Schlammschlacht statt Bromance
Merz im Oval Office
Morgen kann in Trumps Welt alles anders sein
Wegen Angriffen auf Rechtsextreme
Nächste Anklagewelle gegen Antifa-Szene
Bundeswehr an Schulen
Der Druck auf die Jugend wächst