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Kommentar US-PräsidentenwahlNabelschau einer Großmacht

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Dieses Mal war nicht Mitt Romney, sondern Barack Obama besser. Aber Obamas Politik, zumal seine Außenpolitik, gibt keinen Anlass zur Hoffnung.

Nach der Fernseh-Debatte verlassen die beiden Kandidaten die Bühne in verschiedene Richtungen. Bild: dpa

J a, Präsident Barack Obama hat diese letzte der drei Fernsehdebatten mit seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney gewonnen. Er war aggressiv, attackierte Romneys diverse Positionswechsel und verteidigte die Außenpolitik seiner Regierung. Romney seinerseits schaffte es, leidlich auszusehen wie ein Oberkommandierender, er brachte auch keine Länder oder Kriege durcheinander und ein Lapsus wie in der zweiten Debatte über Obamas Äußerungen zu Benghazi widerfuhr ihm auch nicht.

Dass er Syrien als „Irans Zugang zum Meer“ verortete – Schwamm drüber. Was er allerdings nicht vermochte: Außer immer wieder in alberner Manier zu betonen, er wolle ein „starkes Amerika“, konnte er so gut wie keinen Punkt benennen, in dem er wirklich eine andere Außenpolitik verfolgen würde als Obama – nicht in Punkto Iran, wo er schärfere Sanktionen forderte, an denen auch die derzeitige Regierung arbeitet, nicht in Punkto Syrien, wo auch Romney keine direkte militärische Einmischung der USA wünscht, eine Flugverbotszone sogar explizit ausschloss. Nichts.

Im Umkehrschluss bestätigt das allerdings alle Kritik an Obamas Außenpolitik der letzten vier Jahre: Sie ist verflixt konservativ. Obama hat es zwar den öffentlichen Tonfall verändert, in der Substanz aber nicht viel.

Seine Rechnung geht auf: Der völkerrechtlich mindestens bedenkliche, exzessiv ausgedehnte Einsatz von Drohnen verschafft ihm innenpolitisch Luft. Die Todeslisten, die er wöchentlich durchsieht, geben ihm das Image von Stärke, die Aufrechterhaltung von Guantánamo (kein Thema in der Debatte), nehmen ihm nur wenige übel – und auch sie werden ihn wieder wählen.

Bild: taz
BERND PICKERT

ist Redakteur im Auslandsressort der taz.

Obama fehlt jede Vision

Die außenpolitischen Debatten des US-Wahlkampfes sind für außenpolitisch interessierte Menschen in anderen Teilen der Welt ein einziges Desaster. Kein Kandidat tritt für Politikschritte ein, die man sich von den USA wünschen würde, ob das nun energischere Schritte gegen den Klimawandel wäre, ein Ende der für die lateinamerikanischen Gesellschaften so verheerenden Agrarpolitik, ein neuer Anlauf zur Lösung des Nahostkonflikts.

Obama, dem zumindest noch viele unterstellen, dass er eigentlich solche Dinge tun würde, wenn er könnte (warum eigentlich), sagt davon nichts, um sich nicht angreifbar zu machen. Romney sagt nichts davon, weil er das auch gar nicht will.

Was also bleibt: Vereinigte Staaten, die ihre Weltmachtposition immer mehr nur aus ihrer militärischen Stärke beziehen, ihre eigenen ökonomischen Interessen vertreten und zur Lösung internationaler Probleme viel zu wenig beitragen, sofern sie sie nicht selbst schaffen.

Und das Gefühl, dass es immerhin noch besser ist, einen moderat konservativen Außenpolitiker Obama im Weißen Haus zu haben als den Republikaner Mitt Romney, mit dem die gesamte außenpolitische Clique aus Bush-Zeiten wieder an die Macht zurück käme.

Ab jetzt siegt das bessere Team

Im Wahlkampf dürfte diese letzte Debatte nicht mehr sehr viel verändert haben. Zwar geben adhoc-Umfragen Obama den Sieg, und das ist anhand eines annähernden Gleichstands zwischen beiden Kandidaten in den aktuellen Umfragen ganz gut für ihn.

Letztlich aber kommt es jetzt nur noch darauf an, wer in den inzwischen verbliebenen acht umkämpften Bundesstaaten die bessere Organisation hat, um seine potenziellen WählerInnen auch wirklich an die Wahlmaschinen zu bringen.

Für die USA sind diese Wahlen wichtig: Mit Romney an der Spitze gäbe es nicht einmal den Hauch einer Chance, den immensen Reformstau jemals aufzulösen.

Für den Rest der Welt wäre es beruhigend zu wissen, dass da mit Obama jemand im Weißen Haus sitzt, der die Existenz von globalen Bedrohungen wie dem Klimawandel wenigstens nicht leugnet – auch wenn sich mit ihm sonst keine großen Hoffnungen mehr verbinden.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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6 Kommentare

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  • A
    anke

    Keine großen Hoffnungen? Himmel! Und das nach dem Obama-Rummel vor vier Jahren?

     

    Nach allem, was ich so gehört und gelesen habe bisher, ist Politik in den USA vor allem eine Frage des Timings. US-Amerika wählt eher Personen als Parteien. Was ein Kandidat tut, tut er als Mensch, nicht als Parteimitglied. Das liegt an der Art, in der Politik vermittelt wird, und an der Historie. Außerdem haben Präsidenten nicht mehr als maximal zwei Amtsperioden. Um die zur Verfügung stehende Zeit optimal auszunutzen, muss man als US-Präsident in den ersten 4 Jahren die Themen angehen, die einem eine zweite Amtszeit erlauben. Im Falle Obama war das die Gesundheitsreform. In der zweiten Amtszeit hat der Mann nichts mehr zu verspielen. Nicht einmal die Erfolgsaussichten seiner Partei. Dann könnte er also auch Themen bearbeiten, die ihn den Wahlsieg kosten würden, wenn er noch einmal antreten dürfte.

     

    Erst nach einer eventuellen Wiederwahl wird man also erkennen können, ob Guantánamo nur aufgeschoben war (z.B. weil Obamas Berater ihre Pappenheimer zu kennen meinen), oder ob der Präsident wirklich zu schwach bzw. unwillig ist, seiner Wahlwerbung von einst Taten folgen zu lassen. Beides könnte man gut als Ausdruck (fehlender) persönlicher Qualitäten interpretieren. Müssen muss man das allerdings nur dann, wenn man der Uralt-Propaganda auf den Leim gehen will, der zufolge der US-Präsident mit Abstand der mächtigste Mann der Welt ist. Nicht nur international, sondern auch im eigenen haus. Aber das, nicht wahr, glauben angesichts leerer Kassen nicht mal mehr die Chinesen. Egal, wie laut die Säbel rasseln.

  • MG
    Molly Grue

    Tut mir leid, dass man das auch mal sagen muss.

    In welchem Wolkenkuckucksheim leben eigentlich die Journalisten, wie der Autor dieses Artikels.

     

    Es wurde hier aber bereits schon gesagt. Für Obama KANN ES NUR die Politik der kleinen Schritten, ja vielleicht der winzigen Schritte geben. Das ist traurig, aber wahr.

    Ich bedaure dies auch zutiefst und würde es mir anders wünschen.

    Ja, ich glaube, dass die USA und die Welt mit einem Präsidenten Obama besser fahren werden, als mit einem Romney. Kann mir gar nicht vorstellen, dass sich das jemand anders wünscht.

  • B
    Biermösl

    "Kein Kandidat tritt für Politikschritte ein, die man sich von den USA wünschen würde, ob das nun energischere Schritte gegen den Klimawandel wäre, ein Ende der für die lateinamerikanischen Gesellschaften so verheerenden Agrarpolitik, ein neuer Anlauf zur Lösung des Nahostkonflikts." Das sind sehr gewagte Aussagen...

     

    In der momentanen wirtschaftlichen Situation energischere Schritte gegen den Klimawandel zu verlangen, wäre der Sargnagel für jede Kampagne im US-Wahlkampf. Obama verteidigt immerhin intensiv die Investitionen seiner Regierung in erneuerbare Energien, die höher waren als die jeder anderen US-Regierung zuvor. Dafür wird er von Romney natürlich heftig angegriffen, der mehr Kohle verbrennen will, weil sie jetzt ja "sauber" ist. Kennt man ja auch aus der BRD.

     

    Dann: Die EU- (und vor allem deutsche) Agrarpolitik ist ebenso verheerend für weite Teile Afrikas, wie es die US-amerikanische für weite Teile Südamerikas ist. Ist das etwa Thema im deutschen Wahlkampf? Fehlanzeige.

     

    Und der Nahostkonflikt: Ja nun, engagieren sich die USA nicht, sind sie böse. Tun sie es doch, sind sie böse Imperialisten. Wat denn nun? Fakt ist, dass Israel und der Nahe Osten die dominierenden außenpolitischen Themen der dritten Debatte waren. Und Fakt ist auch, dass die EU in Sachen Nahostkonflikt noch viel weniger zu Wege bringt, nämlich rein gar nichts – und immer nur auf die Initiative der USA wartet...

     

    Mich stört der typisch deutsche, besserwisserische Unterton des Kommentars. Als wäre in Deutschland alles besser, als würden die Deutschen selbstlos, das Wohl der Welt im Auge zur Wahlurne schreiten... ja ne, schon klar.

  • V
    vic

    Hat der Verfasser das letzte TV-Duell eigentlich verfolgt? Wenn ja, spricht er English oder hat er sich nur über den steinalten Moderator beömmelt? Reichlich abstrus, was die taz so zum US-Wahlkampf absondert. Auch Meinungen sollten zumindest auf dem Boden von Tatsachen stehen.

  • V
    vic

    Leider wahr; würde Obama noch schnell einen Iranfeldzug starten, wäre der Wahlsieg gewiss.

    So ticken die Amis eben.

    Leading Nation, America first- alles andere egal.

  • R
    Robby

    "Die außenpolitischen Debatten des US-Wahlkampfes sind für außenpolitisch interessierte Menschen in anderen Teilen der Welt ein einziges Desaster". Wohl wahr Herr Pickert, aber doch hoffentlich nicht nur hier "in den anderen Teilen der Welt" , sondern auch bei " interessierte Menschen" ueberall!