Kommentar US-Gesundheitsreform: Würde statt Eifer
Mit ihrer Entscheidung für Obamacare haben die obersten Richter der USA ihre Ehre gerettet. Mit dem Urteil zeigt sich das Gericht endlich wieder überparteilich.
J ohn Roberts hat den Ausschlag gegeben. Der Vorsitzende Richter, den der republikanische Expräsident George W. Bush in sein Amt auf Lebenszeit geschickt hat, stimmte zusammen mit den „liberalen“ RichterInnen.
Er rettete damit nicht nur die Gesundheitsreform. Nicht nur das zentrale Politikstück des demokratischen Präsidenten Barack Obama. Sondern er rettete auch die Ehre des obersten Gerichts.
Die Gesundheitsreform, an deren Verfassungskonformität keine Zweifel mehr bestehen, transportiert die Gesundheitspolitik der USA ein wenig ins 21. Jahrhundert – auch wenn diese Reform viele Zeichen eines unzulänglichen Kompromisses trägt.
ist USA-Korrespondentin der taz mit Sitz in Washington.
Es bleibt die Tatsache, dass die große Mehrheit der Menschen in den USA künftig ein Recht auf Krankenversicherung hat. Es sei denn, sie entscheiden im November, eine Partei zu wählen, die dieses Recht wieder abschafft.
Was diesen Tag geschichtsbuchverdächtig macht, ist das Abstimmungsverhalten von John Roberts. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat sich der Supreme Court parteiisch gezeigt. Hat mehr nach politischen Loyalitäten als nach Verfassungskonformität entschieden.
Aus dieser düsteren Serie ragen zwei Entscheidungen heraus: Im Jahr 2000 beendete das oberste Gericht die Stimmauszählung in Florida. Und machte George W. Bush zum US-Präsidenten. Und im Jahr 2010 entschied das Gericht, dass „Unternehmen“ „Menschen“ sind – und öffnete die Schleusen für eine völlig unkontrollierte Spendenlawine in politische Kassen.
Dieses Mal hat John Roberts die Verfassung vor ideologischen Eifer gestellt. Und hat gezeigt, dass die obersten RichterInnen nicht einfach die simple Fortsetzung der Parteipolitik mit juristischen Mitteln betreiben.
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