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Kommentar Türken und KurdenEinspruch gegen Gewalt

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Die Türken und Kurden in Deutschland müssen sich verständigen. Sorgen um eine Eskalation des Konflikts muss man sich aber nicht machen.

A ls Jugoslawien auseinanderbrach, zeigten sich die Spannungen zwischen Kroaten, Bosniern und Serben auch hierzulande. Während des Libanonkriegs kam es im letzten Sommer in deutschen Städten zu Solidaritätsdemonstrationen, für die israelische Seite wie auch für die Hisbollah. Kein Wunder also, dass jetzt, wo in der Türkei die Stimmung zwischen Kurden und Türken kippt, sich dies auch auf deutschen Straßen niederschlägt.

Bild: taz

Zu Sorge besteht trotzdem kein Anlass. Bislang ist es ja eher erstaunlich ruhig geblieben dafür, dass Deutschland als Einwanderungsland von immer mehr weltpolitischen Konflikten berührt wird. Der Kurdenkonflikt in der Türkei weist schon eine sehr lange Geschichte auf, tausende sind den Kämpfen zwischen der PKK-Guerilla und dem Staat zum Opfer gefallen. Doch erst als es in den Neunzigerjahren auf deutschen Autobahnen zu Kurden-Demos und Selbstverbrennungen kam, nahm man hierzulande davon so richtig Notiz.

Seit sich an der Grenze zum Nordirak das türkische Militär und die PKK gegenüberstehen, wendet sich die Stimmung in der Türkei immer mehr gegen alle Kurden, denen Sympathien mit der PKK unterstellt werden. Nun kam es auch hierzulande erstmals zu Übergriffen. Doch die Situation ist eine andere als noch vor zehn Jahren. Seit der Verhaftung von PKK-Chef Öcalan vor acht Jahren hat seine Bewegung deutlich an Unterstützung eingebüßt, zuletzt trat sie hierzulande nur noch durch Erpressungen und Brandstiftungen in Erscheinung. Leider hat es die Regierung in Ankara in den letzten Jahren versäumt, die Kurdenfrage mit echten Reformen anzugehen. Stattdessen hat der türkische Nationalismus Auftrieb erhalten, der von türkischen Mainstream-Medien wie der Hürriyet auch hierzulande geschürt wird.

Dass sich die Mehrheit der Migranten davon bislang recht unbeeindruckt zeigt, ist ein Zeichen ihrer Integration. Es ist nur eine kleine radikale Minderheit, die in Kreuzberg und anderswo randaliert hat. Doch die Meinungsführer der türkischen Community und die türkischen Medien müssen zeigen, dass sie das nicht dulden.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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4 Kommentare

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  • BA
    Benjamin Aydin

    Sehr schön Ronin,

     

    man kann sogar einen Schritt weitergehen: Sollen doch die nationalistischen Türken (und nationalistisch sind sie aufgrund Erziehung und Medienbeeinflussung fast alle, unterhalten Sie sich mal mit dem Gemüsehändler, dem Schneider, dem Taxifahrer, aber auch mit sog. Intellektuellen, selbst und gerade auch "linke" Türken) hier Straftaten begehen, dann kann und soll man sie auch schleunigst, möglichst samt Anhang ausweisen. Dann würde sich dann positiv auf die demographische Entwicklung in Deutschland auswirken und die Islamisierung Deutschland zumindest verlangsamen. Diese Aussage ist politisch nicht korrekt, das ist mir bewußt, aber die Leute, die jetzt den Kopf schütteln, werden in 10 oder 20 Jahren ihre Naivität und falsche Toleranz bedauern.

     

    Außerdem sollten europäische Politiker der Türkei nicht nur aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen und aus Gründen der Staatsräson nicht weiter in den A... kriechen, sondern dieses Pseudo-Staatsgebilde derart unter Druck setzen und isolieren, dass dortige Minderheiten wie die Kurden endlich alle ihnen zustehenden Rechte bekommen. Dann wird sich das Problem PKK von selbst erledigen. Es ist traurig, mit anzusehen, dass die Kurden, die jahrzehntelangen Opfern des nationalistischen türkischen Gedankenguts, nunmehr aufgrund der PKK-Aktivitäten als Täter wahrgenommen werden und sich nunmehr die Türken selbst als Opfer des Terrorismus der PKK darstellen, die sich "ja nur wehren". Das erinnert fatal an die offizielle Darstellung des Genozids an den Armeniern. Die Türken haben erkennbar aus ihrer Vergangenheit nicht gelernt. Wie denn auch, wenn man Ihnen seitens des Westens, damals wie heute, alles durchgehen lässt. Die Welt ist wirklich ungerecht.

  • R
    Ronin

    Gewaltbereite türkische Nationalisten und PKK-Anhänger, sollten nebst Familien aus Deutschland ausgewiesen werden.

    Es kann und darf nicht sein das auf deutschen Boden

    Probleme anderer Nationen mit Gewalt ausgetragen werden.

    Allein das Macheten usw. mitgetragen werden, zeigt was das für "Menschen" sind.

    Friedlich Demonstrieren: ja

    Mit Waffen rumlaufen bzw. Demonstrieren: nein

  • UN
    Ursula Nurkowski

    Sehr geehrter Herr Bax,

     

    stellen Sie sich vor, Rechtsradikale würden sich unangemeldet versammeln und gegen Türken randalieren.

     

    Kämen Sie auf die Idee zu schreiben, dass es aber nur eine kleine Gruppe Deutscher war und der Rest der Bevölkerung sich ruhig verhalten hat?

     

    Bei Deutschen ist die Presse immer rasch dabei, die Bevölkerung der Feigheit zu beschuldigen und dafür, dass sie wegschaut. Warum schreibt niemand, dass gut integrierte Türken einfach wegschauen? Im Gegenteil, sie werden gelobt, weil sie ruhig daheim bleiben.

     

    Daran werde ich mir fortan ein Beispiel nehmen. Wenn also in meiner Heimatstadt demnächst gegen eine Moschee oder dergleichen randaliert wird, werde ich es mir vorbildlich vor dem Fernseher bequem machen. Ich will ja als gut integriert in die mulitkulturelle Gesellschaft gelten.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Ursula Nurkowski

  • FW
    Florian Wirtz

    Sehr geehrter Herr Bax,

     

    Sie schreiben "Es besteht kein Grund zu Sorge" Laut den Augenzeugen handelte es sich um sehr viele türkische Jugendliche die teilweise mit Macheten bewaffnet waren. Es war nur Glück und gute Polizeiarbeit, dass es keine Opfer gegeben hat.

     

    Die junge Türken haben regelrechte Jagd auf Menschen gemacht, auf Menschen die in ihren Augen Kurden sind, weil es doch nicht genügend Türken gab, hat man dann die Polizei verprügelt.

     

    Wären das Neonazis und keine Türken gäbe es schon längst in allen Medien eine Welle der Empörung und Sie Herr Bax mit Sicherheit nicht schreiben "Kein Grund zu Sorge"

     

    Was unterscheidet einen Türken der Jagd auf einen Kurden macht von einem Neonazis der Jagd auf Ausländer macht? In meinen Augen NICHTS, der einziger Unterschied besteht darin, das man das eine als "Kein Grund zu sorge" sieht, dagegen das andere als in großes Problem.

     

    Wo kommt diese Doppelmoral und völlige Ignoranz bei Ihnen und anderen Journalisten her?

     

    MfG

    Florian Wirtz