Kommentar Todesstrafen-Initiative in Schweiz: Angst in den Alpen
Die Todesstrafe funktioniert nicht als Mittel der Abschreckung. Aber Teile der politischen Klasse in der Schweiz schüren erfolgreich Ängste vor möglichen Bedrohungen.
W ird die Schweiz die Todesstrafe wieder einführen? Nein, nein, so weit werde und könne es nicht kommen, beschwichtigt die politische und juristische Elite der Alpenrepublik von Mitte bis links. Denn dagegen stehe das "zwingende Völkerrecht" in Form der Europäischen Menschenrechtskonvention, welche auch die Schweiz ratifiziert habe.
Doch so zutreffend das völkerrechtliche Argument gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe auch sein mag - für die politische Debatte und als Mittel der Überzeugung reicht es nicht aus. Viel wichtiger wäre da etwa der Hinweis, dass die Todesstrafe bislang nirgendwo auf der Welt als Mittel der Abschreckung funktioniert hat.
Was aber sind die Beweggründe und Ziele derjenigen, die nun ein Referendum zu dieser Frage initiiert haben? Die Schweiz ist nicht nur eines der reichsten und stabilsten Länder der Welt. Sie weist im europäischen Vergleich auch die niedrigste Rate bei Kapitalverbrechen und bei Sexualstraftaten auf. Dennoch - oder vielleicht gerade deswegen? - sind die Ängste vor allen möglichen inneren und äußeren Bedrohungen in der Schweiz größer als in anderen Ländern. Teile der politischen Klasse schüren und instrumentalisieren diese Ängste mithilfe bestimmter Medien immer wieder erfolgreich für ihre Interessen.
Andreas Zumach ist Korrespondent der taz in der Schweiz.
Es wäre ein Kurzschluss, die Volksinitiative für die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Schweiz als Bestätigung zu sehen für gängige Bedenken, die in Deutschland immer wieder gegen eine Erweiterung der repräsentativen Demokratie durch plebiszitäre Elemente ins Feld geführt wird. Die Initiative sendet ein frühzeitiges Warnsignal, auf das die Öffentlichkeit in der Schweiz und im Ausland diesmal hoffentlich nicht nur mit Empörung und völkerrechtlichen Bedenken reagieren wird.
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