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Kommentar ThailandRothemden erfinden sich neu

Kommentar von Nicola Glass

Die Wunden der gewaltsamen Niederschlagung des Protestes in Thailand werden nicht schnell verheilen. Die Rothemden bleiben eine selbstbewusste Opposition

Die gewaltsame Niederschlagung der Rothemden durch das Militär war eine Katastrophe. Und dass die Demonstranten nach wochenlangen Protesten, nicht zuletzt wegen einer Anführerriege, die zunehmend uneins erschien, aufgeben mussten, war der letzte Tropfen Öl, der das Feuer erst recht angefacht hat: Es wird nicht dabei bleiben, dass in Bangkok Banken, Kaufhäuser oder Fernsehsender in Flammen aufgehen. Der Brand wird eine ideologische Form annehmen: Die harte Haltung der Regierung wird die rote Bewegung sehr wahrscheinlich weiter spalten - in diejenigen, die genug haben von der Gewalt und sich erst einmal sammeln wollen, und diejenigen, die mit militanten Mitteln weiter kämpfen wollen.

Fest steht aber auch, dass die Rothemden als Massenbewegung nicht mehr aufzuhalten sind. Die von dem konservativen Establishment so oft enttäuschte Mehrheit der armen Landbevölkerung und der Tagelöhner in den Städten, aus denen die "Vereinigte Front für Demokratie gegen Diktatur" (UDD) besteht, hat ein derart gefestigtes politisches Bewusstsein entwickelt, dass sie während ihrer Proteste gar mit einem kulturellen Tabu gebrochen haben: Sie haben sich selbst als "prai" bezeichnet - eigentlich ein Begriff für die Niedriggestellten, die Geschmähten, die Machtlosen. Aber sie haben dieses Schimpfwort mit Stolz getragen.

Bild: taz

Nicola Glass ist Thailand-Korrespondentin der taz.

Mit der Niederschlagung der Rothemden hat Thailands derzeitige, nicht demokratisch legitimierte Regierung eine Schlacht gewonnen, nicht aber den Krieg. Diese Wunden wird nicht so schnell verheilen. Die Roten werden sich als Bewegung neu erfinden - und dann werden sich hoffentlich die moderaten Kräfte innerhalb dieser außerparlamentarischen Opposition durchsetzen.

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3 Kommentare

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  • MG
    Marco Grandmann

    Liebe Nicola,

    sicherlich sind im roten Lager legitime Forderungen zum sozialen Ausgleich. Aber zu glauben, dass sich hier irgendeine moderate Fraktion durchsetzen mag ist blauaeugig. Dazu gibt es zu viele Interessensgruppen und Machtfraktionen die alle ihr eigenes Sueppchen kochen. Davon kann Abhisit mit seinen durchaus lauteren und reformwilligen Vorstellungen ein Lied singen. Und dieser Regierung pauschal die Legitimitaet abzuerkennen ist auch nicht korrekt. Diese Koalition wohlgemerkt war die Einzige nach 2009 die in der Lage war zu regieren, wenn man das so nennen mag.Und ist es immer noch, war diese Formation immer, wenn nur ein wenig mehr Hausmacht gegeben waere. Das war unter Chuan so und ist es jetzt. Diese Partei mag traditionell sein und sich aus den alten Familien rekrutieren aber sie ist auch die Einzige die gebildete Leute hervorbringt und ueberhaupt in der Lage und willens ist Reformen anzugehen, allen voran eine lange ueberfaellige Bildungsreform. Alle der sogenannten Reformideen Thaksins sind von dort gehijackt worden und verhonepiepelt zu Thaksins Gunsten.Zum Beispiel diese 30Baht Sozialversicherung.

    Nur eine vernuenftige Bildung kann einmal Verstaendnis dafuer erzeugen , dass in einer Demokratie die 3 Instanzen zu Recht getrennt sind und alle zunaechst Teile dieses Staates und nicht Unterstuetzer eigenwilliger Fraktionen die etwas versprechen was sie nicht halten koennen.

    Die Gefahr besteht auch im Falle zu schneller Wahlen diesen ominoesen Thaksin wieder zureuckzubekommen, der nichts anderes im Sinn hat als diese ,angeblich seine ,Bewegung auszunutzen um sein verlorenes Geld plus Zinsen zurueckzubekommen und nicht in den Knast zu gehen. Der Rift in dieser Gesellschaft, so tief wie er jetzt ist, ist auf dessen Mist gewachsen und nicht weil er so viel Verstaendnis fuer die Armen hat. Der Mann ist wie viele seiner Kumpel (Jatuporn, Nattawat et al) gefaehrlicher Demagoge der allein ein ganzes Land an den Rand bringen wuerde um sein Gesicht und sein Bankkonto zu wahren.

    Nichtsdestotrotz: voellig korrekt, Wahlen und Konzessionen muessen sein und zwar recht bald sonst geht der ganze Zirkus wieder von vorne los. Ich fuerchte in den kommenden Monaten , dass wir tatsaechlich etliche Bomben und Anschlaege erwarten koennen. Die Konsequenz ist dann natuerlich eine Verschaerfung der Gesetze und Ausnahmezustaende und damit der Beginn des toedlichen Kreislaufs "wie baue ich mir eine eigene Terroristentruppe".

  • T
    Till

    Die Annahme, die Roten kämpfen für Demokratie, weil ihr Name das angibt, darf meiner Meinung nach nicht kritiklos hingenommen werden. Solange ich Thailands Politik verfolge, hat es noch keine free and fair Wahlen bzw. noch keine demokratisch legitimierte Regierung gegeben, weder auf Seiten der alten Machtzirkel um Militär und Aristrokratie, die die heutige Regierung bildet, noch auf Seiten Thaksins und seiner Nachfolger, die die Wahlen damals und die Protestbewegung der Roten heute in großem Maße finanziert haben. Dennoch glaube ich auch, dass die Roten jetzt einen politischen Kampf führen werden. Trotzdem fällt es mir schwer in den Roten, hinter denen genauso machtgelüstige Menschen stehen, die Retter der Demokratie in Thailand zu sehen. Die Medien in Deutschland, insbesondere die TAZ, sollten sich darum bemühen diesen Konflikt in seiner Komplexität darzustellen und nicht einseitiges Denken von "böse gegen gut" zu bedienen.

  • R
    Robert

    leider habe ich nicht genug zeit um euren idiologischen "mist" ausführlich zu kommentieren. bitte recherchiert jedoch einfach nur sauber und verdreht nicht die tatsachen. die aktuelle regierung wurde z. b. vom volk-gewählten parlament ernannt und bestätigt, so wie in der deutschen demokratie.

    warum zünden eure demokraten, die für freiheit, frieden und gerechtigkeit kämpfen gebäude an, in denen sich menschen befinden? wisst ihr, dass die meisten demonstranten von dem ehemaligen premier thaksin bezahlt wurden, wisst ihr den nicht, dass dieser thaksin eine art demokratische diktatur aufbauen wollte? hat eure korrespondentin, denn nicht mitbekommen, dass auch paramilitärische einheiten, den rothemden sehr sehr nahe, festgenommen wurden, die für die dutzenden toten mit kopfschüssen vielleicht verantwortlich sind? die (fast) gesamte presse in deutschland verklärt die situation, hat wohl keine ahnung vom land, aber ihr.......

    war früher begeisterter leser von euch!