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Kommentar Terror in IndienBombay, 11/26

Kommentar von Agnes Tandler

Der Angriff auf Fünf-Sterne-Hotels und die Geiselnahme von Hotelgästen ist für Indien eine neue Art des Terrorismus: Das Image Indiens als sicherer Wirtschaftsstandort soll beschädigt werden.

Es ist Indiens 11. September. Das Luxushotel Taj Mahal in Bombay in Flammen, Menschen eingeschlossen an den Fenstern. Terroristen, die die Luxusherberge gezielt nach westlichen Ausländern durchkämmen und Hotelgäste als Geiseln nehmen.

Indien hat in seiner über 60-jährigen Geschichte schon schreckliche Bluttaten erlebt. Allein in diesen Jahr zählte man hier neun Terroranschläge, unter anderem in der Hauptstadt Neu-Delhi, der IT-Metropole Bangalore und im unruhigen Assam im Nordosten. Schon lange hatte es geheißen, nun sei auch Bombay, das heutige Mumbai, an der Reihe.

Doch die Anschlagsserie in der Finanzmetropole Indiens sprengt alle Dimensionen: Bislang hatten Attentäter Märkte, Parks und andere belebte Plätze ausgesucht, um Panik und Schrecken unter der Bevölkerung zu schüren. Der Angriff auf Fünf-Sterne-Hotels und die Geiselnahme von Hotelgästen ist eine ganz neue Spielart. Die Botschaft dahinter ist eindeutig: Das Image Indiens als dynamischer, sicherer Wirtschaftsstandort und als exotisches Touristenziel soll beschädigt werden.

Weniger klar ist hingegen, wer für die Bluttat verantwortlich ist. Indische Behörden sind schnell dabei, den Erzfeind Pakistan oder den anderen muslimischen Nachbarn Bangladesch für Terror im eigenen Land verantwortlich zu machen. Im Gespräch ist die in Pakistan beheimatete Terrororganisation Lashkar-e-Toiba, die auch Kontakte zu al-Qaida hat. Doch zur Terrortat von Bombay hat sich eine mysteriöse Gruppe namens "Deccan Mujahedin" bekannt, von der bislang noch nichts zu hören war. Der Name legt nahe, dass es sich um indische Islamisten handelt. In der Vergangenheit zeigten sich die rund 150 Millionen Muslime in Indien eher unwillig, dem Ruf des Dschihads zu folgen. Das ändert sich zurzeit. Kaum einer bestreitet, dass nun auch Indien ein hausgemachtes islamistisches Terrorproblem hat. Die Stärke dieser Bewegung allerdings konnte bis heute niemand wirklich einschätzen.

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2 Kommentare

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  • TB
    thomas bode

    der/die kommentator/in goth behauptet "christliche terroristen" hätten einen hindu-swami ermordet. dass es diese terror-spezies auch gibt halte ich für möglich, und fand ich interessant. google sei dank kann man sich aber schnell zu allem zusatzinfos besorgen. die deuten aber eher darauf hin dass herr/frau goth zu denen gehört die sich schnell empören und dabei die objektivität verliert:

    Wiener Zeitung:

    "Nach dem Mord am Hinduführer Swami Lakshmanananda Sarawati am 23. August – beide Morde dürften auf das Konto maoistischer Terroristen gehen – hatten radikale Hindus die Schuld den Christen gegeben und sie brutal verfolgt. "

    diese bigotterie, die die "eigene" gruppe stets als opfer und die "anderen" als haupt-täter sieht ist leider der haupt-treibstoff der gewalt.

    vielleicht sind wir im jahr 3000 so weit dass "ich" in erster linie mensch bin und nicht "hindu", "christ" oder sonstwas.

  • SG
    Samira Goth

    Das hausgemachte Problem besteht schon länger, leider besteht im Westen die Tendenz, nur die Hindu-Radikalen zu sehen. Die vorherige Bjp-Regierung hatte eine Antiterror-Gesetzgebung (Pota) verabschiedet, die die Polizei und andere Organe in den Stand versetzt hätte, gegen alle Extremisten/Terroristen vorzugehen, doch die jetzige Congress-Regierung hatte nichts Eiligeres zu tun als diese wieder abzuschaffen. Es geht ihr nicht darum, alle Extremisten, egal welcher Couleur, zur Strecke zu bringen, sondern wie üblich um den Erhalt der Moslemstimmen bei der kommenden Wahl. Als in Orissa Christen ermordet wurden, wollte niemand genauer wissen, wie es dazu kam, nämlich durch die Ermordung eines hinduistischen Swami und einiger Mitglieder seines Ashrams durch christliche Terroristen vor den Augen der Kinder, die dort zur Schule gehen. Denn der Swami hatte sich erlaubt, sich öffentlich gegen forcierte Konversionen christlicher Gruppen zu äußern. Aber im Westen heißt es dann nur, "Oh, da werden Christen ermordet!" Es wurde in der westlichen Presse bisher kaum ein Wort darüber verloren, wie viele Tausende Hindus seit der Teilung Indiens in Kashmir massakriert und von dort vertrieben wurden. Es wäre endlich mal an der Zeit, die ganzen Etiketten wegzulassen und jedes Menschenleben gleichermaßen zu beklagen, das dem Terrorismus zum Opfer fällt. Wir haben es nicht zuletzt George W. Bush zu verdanken, dass die Polarisierung zwischen dem Westen und dem Rest der Welt sich derart verstärkt hat, daher wundert es auch nicht, dass Terroristen genauso polarisiert auf das Kidnappen von US- und UK-Bürgern aus sind. Die absolute Unmoral und ethikfreie Haltung kommt meiner Ansicht nach am besten dadurch zum Ausdruck, dass sogar ein Krankenhaus angegriffen wurde.