Kommentar Termin für Pro Reli: Ein Fehler im System
Bei der Terminwahl für den Volksentscheid zu "Pro Reli"- wird der Senat eigene Interessen berücksichtigen. Das ist sein Recht. Doch dass er es überhaupt hat, ist ein Fehler im System.
Nun wird Religion zur Terminfrage. Der Senat muss entscheiden, ob die Berliner eigens für den Volksentscheid gegen Ethikunterricht für alle Schüler an die Urnen gebeten werden oder ob sie zeitgleich ein Parlament wählen dürfen. Bei der Terminwahl wird der Senat eigene Interessen berücksichtigen. Das ist sein Recht. Doch dass er dieses Recht überhaupt hat, ist ein katastrophaler Fehler im System.
Denn beim Volksentscheid geht es nie nur um ein bloßes Ja oder Nein. Die Initiatoren müssen stets zunächst eine Mindestzahl von Befürwortern an die Urnen treiben - in Berlin mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten. Das fällt wesentlich leichter, wenn der Bürger eh schon zur Abstimmung pilgert, weil gerade ein Parlament gewählt wird. Die Terminentscheidung wäre unproblematisch, bliebe sie Unbeteiligten überlassen. Doch Volksentscheide richten sich quasi naturgemäß immer gegen die Politik der Regierung. Wenn Betroffene aber den Ausgang einer Entscheidung beeinflussen können, muss das demokratische System dringend repariert werden.
Um den Einfluss des Senats zu minimieren, könnte festgeschrieben werden, dass ein Volksentscheid entweder nie zeitgleich mit anderen Abstimmungen stattfinden darf - oder zeitgleich stattfinden muss, wann immer möglich. Das ließe strategisch denkenden Initiativen noch die Möglichkeit, ihr Begehren parallel zu Wahlen zu terminieren. Auch das ist nicht wirklich gerecht.
Bleibt nur eine Lösung: die Abschaffung der Mindestbeteiligung. Dann wäre jede Abstimmung gültig, egal was sonst noch zur Wahl steht. Das wäre radikaldemokratisch. Und wird leider genau deshalb am Widerstand der Politiker scheitern.
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