Kommentar Tarifabschluss: Der Mindestlohn wirft Schatten
Das Ausgliedern von billigen Arbeitskräfte entspricht nicht mehr der Zeit. Das ist Folge der angepeilten Lohnuntergrenze.
J ede Käuferin und jeder Käufer kennt das, abends in manchen Supermärkten: Da rücken die Auffüller an, eingekleidet in Westen mit einem Logo, das nicht das des Supermarkts ist. Sechs, sieben Euro brutto bekommen sie die Stunde für das Aus- und Einräumen der Ware. Sie sind Werkvertragsarbeiter, die bei einem Subunternehmen angestellt sind. Es ist kein Zufall, dass der neue Tarifvertrag für den Einzelhandel in Baden-Württemberg jetzt genau diese Gruppe ins Visier genommen hat. Arbeitgeber können diese AuffüllerInnen wieder direkt bei sich in einer niedrigen Lohngruppe für etwas über neun Euro die Stunde tariflich bezahlen. Das Ausgliedern von Tätigkeiten an Billigstkräfte entspricht mancherorts nicht mehr der Zeit.
Arbeitgeber versprechen sich dadurch mehr Effizienz: Werkvertragsarbeiter, die zum Niedriglohn mal hier, mal da jobben, seien nicht so motiviert wie reguläre Beschäftigte, heißt es. Zudem wirft der gesetzliche Mindestlohn seine Schatten voraus. Wenn ab dem Jahre 2015 für tariflich ungebundene Bereiche eine gesetzliche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro die Stunde gilt, dann dürften auch die Entgelte und damit die Preise der Subunternehmer anziehen. Das Auslagern lohnt sich damit nicht mehr.
Die tarifliche Einigung in Baden-Württemberg könnte ein Signal sein nicht nur für andere Bundesländer, wo derzeit VerkäuferInnen streiken. Im Einzelhandel haben sich in den vergangenen Jahrzehnten tausende von normalen Jobs in prekäre Arbeitsverhältnisse verwandelt. Wenn der gesetzliche Mindestlohn zur Folge hat, dass in diesen Branchen tarifliche Einigungen für mehr Sicherheit sorgen, ist das ein Fortschritt - aber der hat seinen Preis: Die Auffüller werden im Tarifvertrag deutlich schlechter bezahlt als die „normalen“ Verkäuferinnen. Soviel Unterschied bleibt.
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