Kommentar Tarifabschluss IG Metall: Magerkost für die Malocher
Mehr Lohn, weniger Leiharbeit, keine willkürlichen Befristungen – diese drei Ziele hatte die IG Metall. Erreicht hat sie keines davon, sie scheute den Konflikt.
D rei Ziele hatte die IG Metall vor der diesjährigen Tarifrunde: Die Beschäftigten sollte endlich deutlich mehr Geld in der Tasche haben, das Unwesen der grassierenden Leiharbeit sollte beendet werden, und die willkürliche Befristung von Arbeitsverhältnissen sollte gestoppt werden.
Alle drei Ziele waren lohn- und gesellschaftspolitisch vernünftig – aber erreicht hat sie die stärkste deutsche Gewerkschaft leider nicht, trotz voller Auftragsbücher der Unternehmer. Sie scheute – vielleicht wegen des Schocks möglicher Werksschließungen bei Opel – einen größeren Tarifkonflikt und begnügte sich damit, allererste Schritte zur Erreichung ihrer Ziele gemacht zu haben.
So gibt es erst einmal Magerkost für viele Malocher. 4,3 Prozent mehr Lohn hören sich viel an, aber da es einen Monat lang eine Nullrunde gibt, relativiert sich die stolze Vier vor dem Komma. Noch mehr Probleme hatte die Gewerkschaft, ihre arbeitsmarktpolitischen Forderungen durchzudrücken und damit politische Fehlentscheidungen zu korrigieren.
ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Dabei kann man den Versuch gar nicht genug loben. Erinnern wir uns: Die Ausweitung der Leiharbeit und der befristeten Tätigkeit war erst durch die Hartz-IV-Reformen der rot-grünen Bundesregierung möglich geworden. Diese Reformen führten nicht nur zur Ausweitung des Niedriglohnsektors, sondern auch dazu, dass Belegschaften immer mehr unter Druck gerieten. Das wollte die IG Metall ändern.
Das Ergebnis: Leiharbeitern muss erst nach zwei Jahren in einem Betrieb ein Übernahmeangebot gemacht werden. Immerhin, eines soll es künftig nicht mehr geben: ausgelernte Beschäftigte von einem befristeten Job in den nächsten hetzen. Von der Metallbranche können sich viele andere eine Scheibe abschneiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“