piwik no script img

Kommentar TV-Duell FrankreichSarkozy, das war einmal

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Der Herausforderer Francois Hollande hat gezeigt, dass er kein „Pudding“ ist. Knallhart reagierte er mit Anschuldigungen. Sarkozy wurde immer nervöser.

War's das? Nicolas Sarkozy. Bild: reuters

B ERLIN taz Was haben sich die Französinnen und Franzosen von diesem Fernsehduell erwartet? Dass zwei politische Alternativen skizziert werden, dass sie zwei Gründe geboten bekommen, um auf ein besseres Morgen zu hoffen?

Geboten bekamen sie jedenfalls einen sehr virilen Zweikampf mit Worten. Nicht Visionen prallten da aufeinander, sondern Phrasen und Anschuldigungen. Wer also nur ein Spektakel erwartet hatte, der kam auf seine Kosten.

Zunächst ging es Sarkozy und Hollande darum zu zeigen, dass sie eine solche Konfrontation in der kein Wort des Gegners unwidersprochen bleiben durfte, scheinbar unbeeindruckt überstehen. Und das Duell dauerte immerhin zweieinhalb Stunden.

Bild: taz
Rudolf Balmer

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Francois Hollande hat zudem bewiesen, dass er kein „Pudding“ ist. Die Karikatur, die im Wahlkampf immer wieder auftauchte, am Mittwochabend hat Hollande sie besiegt. Er argumentierte knallhart und seine Aggressivität hat Sarkozy sichtlich überrascht.

Der Präsident wollte Angst schüren

Vergeblich versuchte der Präsident seinen Gegner zu destabilisieren. Was ist der Anteil an der Importe von fossilen Treibstoffen am Außenhandelsdefizit angesichts der Rohölverteuerung?, fragte er einmal im Stile des Großinquisitor. Und der Sozialist feuerte ganze Salven von Zahlen zu Arbeitslosigkeit, Schulden, Defiziten zurück.

Gereizt über die überhebliche Art des Sozialisten, ihm die Bilanz der letzten fünf Jahre wie eine Anklageschrift vorzulesen, zuckte Sarkozy immer nervöser mit den Schultern. Natürlich ließ er keine Anschuldigung und auch keine Zahl gelten. Alles bloß Lüge, Verleumdung, Ignoranz.

Insgesamt versucht Sarkozy noch einmal Angst zu schüren vor dem Wechsel mit Hollande. Mit den Sozialisten an der Macht steige Frankreich in die Kategorie von Spanien oder Griechenland ab. Doch er drang nicht wirklich durch. Es blieb die alte antikommunistische Leier, Hollande laufe hinter „roten Fahnen mit Hammer und Sichel“ her.

Im Verlauf des langen Abends wurde deutlich: Sarkozys rhetorischen Waffen sind stumpf geworden, seine demagogischen Masche zieht nicht mehr. Sarkozy das war einmal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • E
    Elsässer

    Als Franzose überlege ich mir schon schwer, wem ich hier folgen will.

    Sarkozy, der Merkel anhimmelt und trotzdem den Staats als besten Unternehmer immer wieder vorschickt, eine protektionistische-nationalistische Wirtschaftspolitik befürwortet und gerne auch ganz rechte Ressentiments bedient.

    Hollande, der den Wählern alles verspricht und dabei offensichtlich auf europäische Gelder schielt, der die alte EU nach dem Prinzip "Frankreich bestellt, Deutschland bezahlt" gerne wiederbeleben möchte und der mit seiner EU-revisionistischen Rhetorik Le-Pen-Wähler locken möchte.

    Ach ... vom Pech dieses Jahr Franzose zu sein

  • O
    oranier

    @ cyctologie

     

    "wenn ihr das macht, ist das einfach scheiße...der typ ist wohl schon etwas länger in frankreich?"

     

    Der "Typ" ist womöglich gar Franzose, und dann wird er vielleicht über deine teutonische Grobschlächtigkeit den Kopf schütteln.

     

    Deine Sprachkritik ist aber durchaus berechtigt, käme aber besser ohne Ausdrücke wie "Typ" und "scheiße" daher. Ob "schon etwas länger in frankreich" oder nicht: die Art des Umgangs mit der deutschen Grammatilk ist eher Standard bei der taz. Kritik daran wird im Zweifel nicht veröffentlicht, jedenfalls offenkundig wenig beherzigt.

     

    Im einzelnen:

     

    "Was haben sich die Französinnen und Franzosen von diesem Fernsehduell erwartet?" ist eine geschraubte Wendung. "Erwarten" ist kein reflexives Verb, daher hieße es korrekt schlicht: "Was haben die Französinnen und Franzosen (...) erwartet?"

     

    "Nicht Visionen prallten da aufeinander, sondern Phrasen"

    - Was sind "Visionen" denn anders als Phrasen?

     

    "Was ist der Anteil an der Importe von fossilen Treibstoffen am Außenhandelsdefizit ..."

     

    - "Was ist der Anteil der Importe von fossilen Treibstoffen am Außenhandelsdefizit ..."

     

    "Gereizt über die überhebliche Art des Sozialisten"

    - Der Gebrauch der Präpositionen ist im Deutschen nicht weniger kompliziert und differenziert als z.B. im Englischen. Man kann empört sein "über" etwas, gereizt ist man "von" oder "durch" etwas.

     

    @ Johannes

     

    "Wenn man sich den Absatz durchließt kann man (cyctologie) sich den Zusammenhang schon bilden und muss keine irsinnigen Thesen was gemeint sein könnte in den Raum stellen"

     

    Das ist eben an cyctologies Kritik berechtigt: professionellen Schreibern ist zu erwarten, dass sie sich präzise ausdrücken und es nicht dem Leser überlassen, "sich den Zusammenhang schon [zu] bilden".

    Ihnen billigt cyctologie jedoch zu, zu schreiben, wie Sie wollen. Wenn man schreibt wie Sie, sollte man sich aber der Kritik am sprachlichen Urteil anderer enthalten. Da sitzen Sie nämlich im Glashaus.

  • H
    Helga

    ??? Hat der Verfasser dieses Artikels die Sendung eigentlich gesehen? Spricht er auch nur ein einziges Wort französisch? Ein Artikel, so lächerlich und an den Haaren herbeigezogen, da fällt einem ja echt nichts mehr ein. So schwer es mir fällt, aber angesichts des extrem unsympathischen Hollande wünsche ich Sarkozy den Sieg.

  • J
    Johannes

    "Insgesamt versucht Sarkozy noch einmal Angst zu schüren vor dem Wechsel mit Hollande. Mit den Sozialisten an der Macht steige Frankreich in die Kategorie von Spanien oder Griechenland ab. Doch er drang nicht wirklich durch. Es blieb die alte antikommunistische Leier, Hollande laufe hinter „roten Fahnen mit Hammer und Sichel“ her. "

     

    Wenn man sich den Absatz durchließt kann man (cyctologie) sich den Zusammenhang schon bilden und muss keine irsinnigen Thesen was gemeint sein könnte in den Raum stellen. Tausch einfach mal das "dem" durch ein " einem" aus und schon haste Klarheit.

    Und was die "antikommunistische Leier" angeht, kann ich aus meiner Sicht nur zustimmen. Diese Phrase aus dem Munde Sarkozys ist nur um bildisch zu sprechen " die Spitze des Eisbergs". Denn ist es momentan nicht Gang und Gäbe unsere Positionen in diesem weltweiten oder auch nationalen Kapitalistischen (Menschenunfreundlichen, meiner Meinugn nach) System zu verteidigen und sozialere Alternativen schlichtweg als Kommunistisches Gewäsch abzutun? Ich frage mich dabei immer woher dieser Geist kommt? Wem dienen wir damit? Versuchen wir unsere Position (Meine Position ist z.B damit gemeint: gutbürgerliche Mittelschicht) zu stärken und zu untermauern? Bezwecken wir dies denn wirklich damit? Oder helfen wir nur einer Handvoll Reicher Menschen oder großen Unternehmen weiter Geld abzuzapfen und sich noch dicker aufzublähen? Und eine nicht zu verachtende Gruppe immer wieter an dne Rand der Gesellschaft zu drängen? Naja ich könnte diesen "Fragenkatalog" noch beliebig ausbauen. In meinem Kopf habe ich auf jeden Fall eine verblendete Welt, die so an DAS "System" gebunden ist ohne sich dessen bewusst zu sein! Und was ich noch sehe ist, dass die Gesellschaft es nicht schafft den Arsch hochzubekommen und mal die richtigen anzuklagen, sondern vielmehr auf die schon an den Randgestellten eingeht damit ja nichts hinterfragt werden muss.

  • C
    cyctologie

    wenn ich schreibe wie ich will ist das ok.

    wenn ihr das macht, ist das einfach scheiße...der typ ist wohl schon etwas länger in frankreich?

    deutsche grammatik hat er jedenfalls nicht (mehr) drauf.

     

    noch dazu ein satz wie:

    "Insgesamt versucht Sarkozy noch einmal Angst zu schüren vor dem Wechsel mit Hollande."

    mag sogar orthografisch/grammatikalisch richtig sein. ist im deutschen aber so unüblich, dass er mehr fragen provoziert als er beantwortet.

     

    ist "der wechsel mit Hollande" so etwas wie der change von Obama? oder ist damit das prozedere gemeint...also der wechsel von sarkozy zu hollande. oder ist das so ein wechsel spiel wie zwischen putin und medwedjew--und sarkozy versucht uns davor zu warnen?

     

    ich weis es nicht. man wird ja nicht schlau aus dem text;)

  • A
    ACAC

    Da haben wir aber zwei unterschiedliche Sendung gesehen. Hollande unterbrach auf penetrante und unhöfliche Weise so gut wie jeden Satz von Sarkozy, die Moderatoren waren überfordert, keiner ging auf den anderen wirklich ein. Aber der "Zerstörer" des Abends war eindeutig Hollande, ein Unsympat wie ich ihn mir vorher nicht ausmalen wollte. Die wenigen Positionen wo er sich festlegt, anstatt luftig über "gesellschafliche Anteilnahme" zu schwätzen, sind alle marginal (Fessenheim) oder gefährlich / lächerlich (Steuern).

  • A
    André

    Sarkozy kann einfach nicht mehr gewinnen. Letztlich hat er in den letzten Wochen auch zwischen konservativ und rechts-extrem hin und her geschwankt, wollte ein wenig Le Pen sein, wurde immer undeutlicher und am Ende dann Flucht nach Vorn: Aggressives Auftreten, Beschimpfen von Gewerkschaften und Hollande-Nerven. Ohne Sarkozy wäre Europa und auch Deutschland besser dran, denn die sinnentleerten Wirtschaftspolitiken von Merkozy sind nun nicht mehr möglich. Über Hollande können sich wahrscheinlich am Sonntag auch viele Deutsche freuen.