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Kommentar Szydlos Auschwitz-Rede„Nie wieder“ instrumentalisiert

Kommentar von Gabriele Lesser

Polens Premierministerin hält eine Skandalrede in Auschwitz. Sie stellt Kriegsflüchtlinge in eine Reihe mit neuen Nazis.

Die Inzenierung eines verleumderischen Gedenkens Foto: dpa

T erroristen, Sozialschmarotzer und todbringende Bazillenträger – das waren bislang Kriegsflüchtlinge für polnische Regierungspolitiker. Diese seit Mitte 2015 anhaltende Angst- und Hetzkampagne der nationalpopulistischen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ist schon schlimm genug.

Nun aber sagte Polens Premier Beata Szydlo etwas so Unfassbares, dass viele glaubten, sich verhört zu haben: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen, verblendet von verbrecherischen Ideen, anderen das Recht auf ihr Leben nehmen.“ Die Aufgabe der Politiker sei es, dafür zu sorgen, dass es nie wieder zu so schrecklichen Ereignissen wie in Auschwitz und anderen Todesorten komme. „Auschwitz ist in unseren unruhigen Zeiten eine große Lektion dessen, dass man alles tun muss, um Sicherheit und Leben der eigenen Staatsbürger zu schützen“

Anlass für die Rede war der „Nationale Gedenktag an die Opfer der deutschen Nazi-Konzentrations- und Vernichtungslager“. Er erinnert an den ersten Transport am 14. Juni 1940, bei dem vor allem christliche Polen nach Auschwitz gebracht wurden. Beata Szydlos Satz bekommt seine skandalöse Aussage im Kontext der permanenten PiS-Hetze gegen Kriegsflüchtlinge und EU-Politiker, die Polen an die vereinbarte Aufnahme von rund 7.000 Flüchtlinge erinnern. Obwohl Polen sich vertraglich dazu verpflichtet hat, behauptet die aktuelle Regierung, dass sich die Sicherheitslage geändert habe, dass unter den Flüchtlingen Terroristen seien und der Westen durch seine „Humanität und Solidarität“ der Selbstvernichtung entgegengehe.

Das Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission vor kurzem einleitete, bezeichnen Polens Politiker als „Erpressung“ oder „Diktat aus Brüssel“. Warum die EU gegen diese permanente Hetze und Herabsetzung nicht vorgeht, bleibt ein Rätsel.

Tatsächlich hatte Polens II. Republik ihre Staatsbürger 1939 bis 1945 nur unzureichend vor den Nazis schützen können: Rund 95 Prozent der polnischen Juden wurden ermordet und rund 10 Prozent der polnischen Christen kamen ums Leben. Das „Nie wieder“ instrumentalisiert Szydlo nun aber ausgerechnet in Auschwitz für die eigene Flüchtlingspolitik, als seien die Flüchtlinge die neuen Nazis, die Polen besetzen und ermorden wollten.

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Auslandskorrespondentin Polen
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7 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    „Nie wieder“ instrumentalisiert""

     

    Die deutsche Lehre aus dem zweiten Weltkrieg war ein "Nie wieder Krieg", was zwar schön aber naiv ist. Die polnische Lehre aus 1939 dagegen war "Nie wieder Schwäche", was in Bezug auf die militärische Verteidigung Polens gegenüber aktuelle militärische Bedrohungen auch völlig richtig und logisch ist. In Bezug auf diesen Punkt ist die Aussage der Premierministerin auch völlig nachvollziehbar und absolut richtig. Die militärische Verteidigung Polens ist ein Schutz der polnischen Bevölkerung vor einem weiteren Massenmord durch fremde Aggressoren und Besatzer, die Verhinderung eines zweiten Auschwitz. Diese Deutung ihrer Aussage ist somit auch viel wahrscheinlicher und realistischer. Die Interpretation die jenen Satz in eine direkte Verbindung zur Flüchtlingskrise setzt, ist mehr als gewagt und eigenwillig, den der Kontext der restlichen Rede gibt diese Deutung nicht her.

  • Ich befürchte Auschwitz und das Dispositiv der "Sicherheit und Leben der eigenen Staatsbürger zu schützen" schließen sich nicht aus – eher im Gegenteil. Aber es trifft ja anscheinend den Zeitgeist, der Sicherheit um jeden Preis über alles stellt. Man freut sich ja fast schon über Gestalten wie Leutheusser Schnarrenberger...

    Das ist schon eine ziemlich infame und widerliche Rede gewesen!!!

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @JoTa:

      "Ich befürchte Auschwitz und das Dispositiv der "Sicherheit und Leben der eigenen Staatsbürger zu schützen" schließen sich nicht aus – eher im Gegenteil."

       

      Es bedingt sich sogar gegenseitig! Der miltitärische Schutz Polens vor militärischer Aggressoren ist selbstverständlich auch eine Schutz vor der Wiederholung des Massenmordes an Juden und Polen.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Also ich habe mir die Ansprache im Original auf youtube angehört. Also es gehört schon eine gute Portion Phantasie und böswillige Unterstellung dazu, das hier erwähnte Fragment der Rede in eine direkte oder auch nur indirekte Verbindung zur Flüchtlingskrise zu stellen. Das ist dann doch eine sehr freie und gewagte Interpretation dieser einen kurzen Passage einer ansonsten sehr würdigen Ansprache. Bei aller gerechtfertigten Kritik an der PiS, aber diese Ausführungen hier entbehren jeglicher sachlichen Grundlage!

  • Na, der Joschka hatte Auschwitz bemüht, um einen Aggressionskrieg auf europäischem Boden zu rechtfertigen. Vor der UNO. Kaum zu übertreffen.