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Kommentar Syriens ChemiewaffenChemische Diplomatie

Kommentar von Gil Yaron

Assad dürfte keinen Einsatz von Chemiewaffen geplant haben. Aber es ist klar, dass man mit ihm verhandeln muss. Sonst wird es nur schlimmer.

D as Regime in Damaskus scheint vor nichts zurückzuschrecken. Erst in der Nacht zum Mittwoch flogen erstmals Kampfbomber Einsätze gegen Aleppo. Hat es noch eine rote Linie? Regierungssprecher Jihad al Maqdissi beteuerte diese Woche: „Chemische oder biologische Waffen werden in der syrischen Krise nie zum Einsatz kommen, egal wie sie sich entwickelt.“ Er fügte jedoch warnend hinzu: „Außer, Syrien sieht sich einer Aggression von außen gegenüber.“

Maqdissi reagierte auf Warnungen mehrerer Akteure. Syriens Opposition erklärte, die Armee mobilisiere ihre C-Waffen und zeigte auf Youtube Videos, wie man aus Plastikflaschen, Aluminiumdosen und Kohlefiltern Gasmasken basteln kann. Jordaniens König Abdallah II. warnte, Giftgas könne in die Hände von Al Qaida fallen. Und Israels Verteidigungsminister Ehud Barak drohte mit einem Präventivschlag, der verhindern solle, dass Giftgas in die Hände der libanesischen Hisbollahmiliz gelangt. Maqdissis Aussagen waren kaum dazu geeignet, diese Sorgen zu besänftigen. Im Gegenteil: Sie unterstrichen die Gefahr. Denn nun wurde offiziell bestätigt, dass Damaskus chemische Waffen besitzt.

Laut mancher Berichte verfügt Damaskus über einen der größten Bestände an C-Waffen weltweit. Maqdissi selbst sprach von biologischen Waffen. Bisher wurde angenommen, dass Damaskus diese nicht besitzt. Maqdissis Aussagen schienen den Einsatz von Giftgas sogar vorzubereiten. Er sorge sich, ausländische Mächte könnten „Terrorgruppen“ mit biologischen Waffen ausstatten, damit diese „in einem der Dörfer anwenden und dann – Gott behüte – das syrische Regime dafür verantwortlich machen.“

Der Autor

Gil Yaron ist deutsch-israelischer Journalist und Autor. Hier geht's zu seiner Homepage.

Bedrohung von außen ist da

Diese rhetorischen Kniff kennen wir bereits: Schon heute warnen staatliche Medien vor „Terroristen, die die Armeeuniformen anlegen und Massaker verüben, um die Regierung anzuschwärzen“, um die von Assads Anhängern verübten Massenhinrichtungen Gegnern anzulasten.

Bedrohung von außen ist längst gegeben. Zudem bezeichnet das Regime die Unruhen im Land nicht als Volksaufstand, sondern als Komplott fremder Mächte. Man kämpfe gegen ausländische Terroristen, die Geld, Waffen und Anweisungen vom Ausland erhalten. Die „Aggression von außen“, die den Einsatz der C-Waffen „rechtfertigt“, ist also längst da. Nicht nur Israel, Jordanien und die USA, selbst Russland war deswegen so besorgt, dass es seinen engen Verbündeten in die Schranken wies: Man gehe davon aus, dass Syrien sich „strikt an seine internationalen Verpflichtungen halten“ werde, teilte Moskau mit.

In der arabischen Welt gibt es zwar Präzedenzfälle für den Einsatz von Giftgas: Ägypten nutzte es im Krieg gegen Monarchisten im Jemen, der Irak gegen den Iran und gegen kurdische Staatsbürger. Dennoch dürfte Assad vorerst keinen Giftgaseinsatz geplant haben. Vielmehr wollte er anderen Staaten, die sich immer offener in Syrien einmischen, vor Augen führen, dass er zwar schwächelt, aber immer noch genug Schaden anrichten kann. Israel reagierte, indem es klar seine roten Linien markierte und mit Krieg drohte, falls Massenvernichtungswaffen in die falschen Hände gerieten.

Weder Assad, Israel, noch die Hisbollah haben Interessen an einem verheerenden, nicht-konventionellen Krieg. Das Gerede über C-Waffen scheint eher ein klassisches Beispiel „chemischer Nahostdiplomatie“.

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5 Kommentare

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  • P
    Peter

    "Maqdissis Aussagen schienen den Einsatz von Giftgas sogar vorzubereiten. Er sorge sich, ausländische Mächte könnten „Terrorgruppen“ mit biologischen Waffen ausstatten, damit diese „in einem der Dörfer anwenden und dann – Gott behüte – das syrische Regime dafür verantwortlich machen.“"

     

    Ok, hier spekuliert der Autor zu großzügig. Wie wenn man sich nachmittags schon krank fühlt und sagt, man gehe morgen zum Arzt wg. Krankmeldung, ist das zwar auch verboten. Aber diese Schutz suchende Vermutung Maqdissis aknn auch darauf hinweisen, dass er andere Staaten warnt, eben das nicht zu tun. Es wäre nicht das erste Mal, dass kriegslüsterne Staaten (vom anderen Ende der Welt) kurzerhand selbst einen Kriegsgrund herleiten.

  • R
    R.J

    Es ist hächst unsachlich in diesem Zusammenhang nicht darauf hinzuweisen, dass C- und B-Waffen eine Antwort der Anreihnerstaaten auf die israelische Bedrohung mit atomaren Waffen waren.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Als „rhetorischen Kniffe“ lassen sich die Stellungnahmen aus Tel-Aviv und Washington in den letzten Tagen wohl nicht bezeichnen.

    Mir war doch so, als wäre der Ausgangspunkt von Spekulationen über syrische B- und C-Waffen von Tel-Aviv bzw. Washington ausgegangen und nicht erst mit Liebermans Auftritt in Brüssel aufgetaucht. Barak war wieder mal als der große Antreiber an getreten.

     

    Das lag durchaus im Einklang mit Versuchen, aus dem Burgas-Attentat eine Kampagne gegen Hisbollah und dem Iran zu machen, doch hat das nicht so ganz verfangen.

    Nun ist aber nicht auszuschließen, die von den Machthabern aus Tel-Aviv gesuchten Ablenkungen von dem Verdrängungsgeschehen in Palästina waren in den letzten Wochen so plump, dass man sich nun entschieden hat, etwas als die „bedächtigere“ Seite aufzutreten. Nicht nur bei der schreibenden Zunft sondern auch in israelischen Militärkreisen

    Hierzu:

    „Israelischer General relativiert Hysterie über syrische Chemiewaffen“

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/233482.bedeutungslose-informationen.html

     

    Ohnehin scheinen die angeblichen Sorgen in „Israel“ ihre „Avantgarde“ nicht davon abgehalten zu haben, weiterhin ihre religiöse „Inbrunst“ kalkuliert auszuleben.

    So meldet Ha´aretz, eine Gruppe von Siedlern fühlte sich bemüßigt, ihre Morgengebete nicht in einer Synagoge oder im trauten Siedlerheim,

    ohnehin auf 1967 zusätzlich besetzten palästinensischen Gebiet liegend,

    sondern auf einer Ortseingangstraße der palästinensischen Kleinstadt Sinjil zu verrichten.

    „WATCH: IDF uses live fire to disperse clash between settlers and Palestinians“

    http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/watch-idf-uses-live-fire-to-disperse-clash-between-settlers-and-palestinians-1.453596

    Die Siedler sollen den Palästinensern vorwerfen, „Staatsland“ landwirtschaftlich in Beschlag genommen zu haben, selbst die IDF aber meint, es handele sich um palästinensischen Privatbesitz.

     

    Inwieweit diese Siedler als Angehörige einer Terrororganisation anzusehen sind, soll dahingestellt bleiben, aber trotz B- und C-Waffen in Syrien musste die J-Post melden, die EU habe sich weiterhin geweigert die Hisbollah als Terrororganisation einzustufen,

     

    „EU rebuffs call to put Hezbollah on terror list“

    http://www.jpost.com/International/Article.aspx?id=278751

     

    doch Avigdor Lieberman will da nicht locker lassen und die BRD wird wohl nicht zu jenen gehört haben, die sich gegen das Ansinnen gestemmt hatten.

     

    Aber es gibt immer noch genug Kleingeister in der BRD, die glauben, sie müssten sich an der Hamas diesbezüglich auslassen und vergreifen, wodurch der Hohn, der aus Hillary Clintons Aufforderung, den Staat „Israel“ nicht zu dämonisieren, spricht, auch nicht kleiner wird.

     

    http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/clinton-at-u-s-holocaust-museum-we-must-fight-demonization-of-israel-jews.premium-1.453386

     

    Man hat dann eben doch keine größeren Sorgen bzgl. dem Nahen-Osten...

  • D
    deviant

    Hatte Israel nicht in diesem Zusammenhang Assad sogar gelobt, dass er offenbar Chemiewaffen aus der Schusslinie und in sichere Armeestützpunkte fernab der Kämpfe verbringen lässt, damit sie eben nicht in die Hände von Extremisten fallen?

     

     

    Oder darf das nicht gesagt werden, weil die klare Front "Aufständische = gut, Assad = böse" relativiert?

  • U
    Ute

    Bei diesem Wahl-Israeli hätte man sich denken können, weder die israelische Aufrüstungs- und Militarisierungsrolle angesprochen zu bekommen, noch den Hauptverursacher über die "diplomatischen Spekulationen": Die israelischen Politclowns !

    Die waren bei allem und jeden laut unterwegs, aber der Gil Yaron konnte seien Dürftigkeiten doch bisher nur in anderen Blätter loswerden.