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Kommentar Suttgart 21Geißler braucht einen Fahrplan

Nadine Michel
Kommentar von Nadine Michel

Die SPD in Baden-Württemberg fordert einen Volksentscheid und damit das Richtige. Sie macht es sich aber zu einfach, indem sie jede weitere Festlegung meidet.

E inen "völlig neuen Weg" will Heiner Geißler als Schlichter im Streit über das Bahnprojekt Stuttgart 21 beschreiten. Die Gespräche sollen live auf Großleinwand und im Internet übertragen werden. Doch sorgt das schon für mehr Transparenz? Wohl kaum. Und macht es ein Entgegenkommen der Landesregierung oder gar einen Kompromiss wahrscheinlicher? Auch das ist nicht zu erwarten.

Wie sollte ein solcher Kompromiss auch aussehen? Ein Bahnhof kann nur gebaut oder eben nicht gebaut werden: zwischen dem bestehenden Kopf- und dem geplanten Durchgangsbahnhof unter der Erde gibt es nicht viele Alternativen. Alle Beteiligten an den Tisch, alle Fakten auf den Tisch - so lautet das Motto für die Schlichtungsgespräche. Dass sie sehr spät kommen, ist Geißler bewusst - nur so lässt sich seine Kritik an den "Basta-Entscheidungen" der Vergangenheit verstehen. Wichtig ist deshalb jetzt, dass in der Zwischenzeit keine neuen Fakten geschaffen werden. Doch Geißler hat schnell gelernt, wie viel man in Stuttgart bereits mit einem einzigen Wort auslösen kann. "Psychopathologisch aufgeladen" sei der Begriff "Baustopp", sagt er, weshalb er ihn jetzt nicht mehr in den Mund nimmt.

Bei den Schlichtungsgesprächen am runden Tisch wird es kaum anders sein, denn jedes Wort dort wird republikweit Gehör finden. Entsprechend taktisch werden sich beide Seiten verhalten und kaum mehr als das sagen, was sie bislang schon im Landtag, vor laufenden Kameras oder auf den Protestkundgebungen verlauten ließen. Zugeständnisse werden so noch schwieriger.

Die SPD in Baden-Württemberg fordert einen Volksentscheid und damit das Richtige. Sie macht es sich aber zu einfach, indem sie jede weitere Festlegung meidet und nur auf die Landtagswahlen im kommenden März verweist. Für die Partei war es die einzige Möglichkeit, aus dem Dilemma herauszukommen, dass sie offiziell ja für das Projekt ist. Doch nicht nur die Grünen warnen, dass es im März zu spät sein könnte, weil Landesregierung und Bahn bis dahin zu viele Fakten geschaffen haben könnten.

Nadine Michel

ist Baden-Württemberg-Korrespondentin der taz.

Das Ziel von Geißlers Mission kann daher nur sein, die Bürger so schnell wie möglich selbst darüber entscheiden zu lassen, was mit ihrer Stadt passieren soll. Ein rascher Volksentscheid, noch weit vor der Landtagswahl im März 2011, wäre die beste und fairste Lösung in diesem Streit.

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Nadine Michel
Inlandskorrespondentin
Jahrgang 1982, ist seit 2010 Korrespondentin in Stuttgart. Von dort berichtet sie über die Landespolitik sowie wichtige Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen – und natürlich immer wieder über das Dauerthema Stuttgart 21. Zuvor arbeitete sie als Klima- und Energieredakteurin im taz-Ressort Wirtschaft & Umwelt. Ausgebildet wurde sie an der Berliner Journalisten-Schule.
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5 Kommentare

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  • H
    hto

    Jetzt, wo das Bewußtsein der gutbürgerlich-gebildeten Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche vollends systematisch konfusioniert-verblödet ist, braucht es nur noch "Demokratie" mit mehr "direkten Volksentscheiden", dann übernehmen die Lobbyisten der Medien die "Meinungsbildung" - das Imperium schlägt zurück / the show must go on!?

     

    Nicht das es ein Wunder wäre, wo die "Macht der Straße" offensichtlich doch ziemlich kopf- / verstandlos ihre stumpf- wie wahnsinnige Bewußtseinsbetäubung in allen denkbaren ...losigkeiten zu Markte trägt: wo kommen diese kompromissbereiten TECHNOKRATEN her, die dort nun mit dem Wolf im Schafspelz verhandeln - Kompromissbereitschaft ist der erste Schritt in die Verkommenheit der Systemrationalität des "freiheitlichen" Wettbewerbs?!

  • H
    Helder

    Für die TAZ-Leser, die die "Nachdenkseiten" von Albrecht Müller, Wolfgang Lieb u.a. noch nicht kennen oder am 18.10. gelesen haben und sich für Stuttgart 21 Widerstand interessieren, seien hier die Nachdenkseiten vom 18.10. zur Lektüre empfohlen: Dort findet sich eine m.E. plausible Analyse des CDU-Mitglieds und Schlichter Geißlers im Zusammenhang mit der März-Wahl in Baden-Württemberg.

    Dabei wird auch die fragwürdige Rolle von Grünen-Politikern kritisch in Augenschein genommen.

  • GM
    Georg Moritz

    Es mutet schon äußerst seltsam an, daß es überhaupt so eine "Schlichtung" gibt: daß Repräsentanten des Volkes wie Unternehmer auftreten, und deren Auftraggeber quasi als Gewerkschaft verhandelt, wie "seriousguy47" schon im Freitag "bemerkte".

     

    Für mich geht "Baustopp" aber noch weiter: Schluß mit der Desinformations-Kampagne der S21-Befürwörter, die gerade überall in Baden-Württemberg anläuft! Das muß aufhören!

     

    Die unlautere Vermengung von S21 (Tieferlegung des Bahnhofs) mit der Ertüchtigung der Strecke Stuttgart-Ulm wird aber wohl erst dann aufhören, wenn den Befürwortern das gerichtlich strafbewehrt untersagt wird.

     

    Alle vorgetragenen Argumente für S21 sind pure Demagogie, die von den eigentlichen Gründen ablenkt.

  • C
    Chris

    Heute hat Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Professor für öffentliches Recht an der Universität Tübingen im Landtag erläutert: Zum einen ist die Entscheidung über Eisenbahnbau Bundesangelegenheit, da kann weder Land noch Stadt etwas zu entscheiden. Und zum Zweiten gibt es da noch den rechtskräftigen (!) Planfestellungsbeschluss, den kann nichts und niemand, auch und gerade kein Volksentscheid o.ä., mehr beseitigen.

  • H
    hartnäckig

    Natürlich gibt es zwischen K21 und S21 eine Alternative: Die Überbauung des Gleisfelds mit einer Plattform, wie dies beim Fernbahnhof Frankfurt-Flughafen vorgemacht wurde. Darauf können eine interessante Bebauung und direkte Zugänge zu den Bahnsteigen geschaffen werden.