Kommentar Stromnetzausbau: So kommt der Netzausbau nie
Das drängendste Thema der Energiewende fasst die Regierung nur halbherzig an. Bei konkreten Nachfragen ducken sich Wirtschafts- und Umweltminister weg.
A usgerechnet das drängendste Thema der Energiewende fasst die Bundesregierung nur halbherzig an. Ohne neue Stromautobahnen wird es in einigen Regionen bald einen Baustopp für Windräder und Solaranlagen geben. Wohin auch mit all dem kostbaren Ökostrom?
Die Verantwortung für die dringend benötigten Leitungen hat Berlin den Netzunternehmen übertragen. Doch die zeigen immer noch öffentlichkeitsscheue Reflexe und maulen über zu geringe Renditen. Schlimmer noch: Die Firmen sind mit ihrer Aufgabe, bei Bürgern für mehr Akzeptanz zu werben, schlicht überfordert. Sollen nicht mehr neue Windräder im Süden entstehen, um Stromleitungen aus dem Norden zu sparen? Beantworten müsste das der Umweltminister.
Sollten Kraftwerksbauer Prämien erhalten, damit sie in Bayern bauen und nicht an der Küste? Beantworten müsste das der Wirtschaftsminister. Röttgen und Rösler aber ducken sich weg. Sieben Monate nach den Beschlüssen zur Energiewende steht noch nicht einmal fest, wer die groß angekündigte Informationsoffensive zum Netzausbau übernehmen wird.
ist freier Autor der taz.
Stärker einmischen müssten sich die Minister in die Arbeiten für den neuen Bundesnetzplan, der ab dem Sommer den Bedarf an Tausenden Kilometern neuen Leitungen zeigen wird. Die Netzfirmen geben sich zwar offener denn je. Forderungen von Umweltverbänden ignorieren sie aber immer noch.
Berechtigte Vorschläge, wie Strommasten eingespart werden könnten, wollen die Unternehmen nicht durchrechnen. Ob Bürgerinitiativen, Umwelt- oder Verbraucherschutzverbände - wenn die Macher der Energiewende deren Forderungen nicht endlich ernsthaft diskutieren und in ihre Planungen aufnehmen, wird es am Ende wieder zu viele geben, die sagen: "Diese Leitungen brauchen wir nicht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader