Kommentar Strauss-Kahn: Im Zweifel für den Angeklagten
Dass der Staatsanwalt die Anklage gegen Strauss-Kahn zurückgenommen hat, ist keine Entscheidung gegen eine schwarze, arme Frau. Es war die Summe der Zweifel.
D ie Entscheidung ist nachvollziehbar und plausibel. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan hat beantragt, das Vergewaltigungsverfahren gegen Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn einzustellen. Es gebe zu viele Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers.
Die Entscheidung bedeutet nicht, dass einer schwarzen und armen Frau weniger geglaubt wird als einem weißen, reichen Mann. Sie bedeutet auch nicht, dass einer Frau, die sich bei der Schilderung von Details des Geschehens in Widersprüche verwickelt, der Kern der Vorwürfe ebenfalls nicht geglaubt wird. Die Einstellung bedeutet erst recht nicht, dass eine Frau, die früher einmal gelogen hat, später straflos vergewaltigt werden kann.
Bei der Hotelangestellten kam nun aber einfach zu viel zusammen: Sie hat im Asylantrag eine Massenvergewaltigung erfunden, bei der Sozialbehörde ein falsches Einkommen angegeben und bei der Steuerbehörde ein Kind erfunden. Sie hatte Kontakte zu Kriminellen, die ihr Konto und ihre Mobiltelefone benutzten. Sie sprach wohl mit ihrem Verlobten darüber, wie man aus dem Vorfall finanzielle Vorteile ziehen könnte.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz und lebt in Freiburg.
Kein Punkt allein würde genügen, die Anklage gegen Strauss-Kahn infrage zustellen. Aber alle Punkte zusammen erzeugen doch so starke Zweifel, dass eine Anklage nicht zu halten ist. Und dann ist es auch richtig, das Verfahren einzustellen. Für Staatsanwalt Cyrus Vance jr. war der Antrag auf Rücknahme der Anklage sicher nicht der bequemste Weg.
Er hatte sich zunächst anders festgelegt, gegen den Ausländer, den Franzosen. Gewählt wird der Staatsanwalt von Manhattan aber von der Bevölkerung, also vielen Schwarzen und noch mehr Frauen. Die Beweislage muss auch Vance nachhaltig erschüttert haben.
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