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Kommentar Steinbrück-PläneTopverdiener müssen zahlen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Der Bundesfinanzminister hat eine originelle und zwingende Idee: Er will die Besserverdienenden zahlen lassen. Schade nur, dass die Ärmsten davon nicht profitieren.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz. Sie beschäftigt sich mit der Spaltung der Gesellschaft - und der Frage, wie diese durch die Steuer- und Sozialpolitik des Staates noch verschärft wird.

Achtung Steuerzahler, die nächste Reform naht! Diesmal sorgt Finanzminister Peer Steinbrück mit einer Ankündigung in der Bild-Zeitung für Aufsehen. Erwerbstätige sollen ab 2010 deutlich mehr als nur 1.500 Euro steuerlich geltend machen können, wenn sie in die Kranken- und Pflegekasse einzahlen. Originell ist vor allem Steinbrücks Vorschlag zur Gegenfinanzierung: Er will die Besserverdienenden belasten.

Diese Idee ist zwingend. Denn von der sogenannten Vorsorgepauschale profitieren vor allem die Top-Einkommen. Es ist wie bei der Pendlerpauschale: Wer viel verdient und einen hohen Grenzsteuersatz aufweist, der spart am meisten, wenn er von seinem zu versteuernden Einkommen eine Pauschale abziehen darf. Da ist es nur gerecht, wenn ein Teil dieses Zusatzgewinns bei den Besserverdienenden wieder abgeschöpft wird. Zumal die Vorsorgepauschale überhaupt nur erhöht werden soll, weil das Bundesverfassungsgericht dekretiert hat, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung das Existenzminimum sichern. Da wäre es schon ironisch, wenn dieses "Existenzminimum" bei Besserverdienenden deutlich höher ausfallen würde als bei Niedriglöhnern.

Allerdings hat jeder Steuernachlass eine grundsätzliche Tücke: Von Pauschalen kann nur profitieren, wer Steuern abführt. Doch selbst viele Durchschnittsverdiener zahlen kaum noch Steuern, wenn sie allein eine Familie mit zwei Kindern unterhalten. Stattdessen drücken die Sozialabgaben. Eine alleinstehende Verkäuferin, die jährlich 20.000 Euro verdient, muss als Arbeitnehmeranteil fast 4.000 Euro an Sozialabgaben aufbringen - aber nur rund 2.000 Euro an Steuern.

Die erhöhte Vorsorgepauschale illustriert die typische Neigung im deutschen Steuerrecht, von hinten um die Ecke zu denken: Statt durch Steuerzuschüsse an die Kassen gleich die Belastung bei der Sozialversicherung zu senken, bleibt diese Belastung erst einmal hoch, um sie hinterher durch individuell angerechnete Pauschalen wieder zu senken. Doch davon profitieren dann längst nicht mehr alle. ULRIKE HERRMANN

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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