piwik no script img

Kommentar Stahlwerk LothringenHoch gepokert, hoch verloren

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

War für die Regierung beim Stahlwerk in Lothringen nicht mehr herauszuholen als ein fauler Kompromiss? Es wäre viel mehr drin gewesen.

D ie Stahlarbeiter in Lothringen sind selbst schuld, wenn sie Wahlversprechen des Sozialisten Hollande aufs Wort geglaubt haben. Sie bezahlen jetzt die Zeche beim Pokern zwischen der Pariser Regierung und dem indischen Stahlboss Lakshmi Mittal.

Dass dieser beim Ringen um die Zukunft der Hochöfen von Florange am Ende die Trümpfe in der Hand hielt, war vorauszusehen. Hollande hat mit einer minimalen Einigung nur sein Gesicht gewahrt, nicht aber die Hochöfen gerettet.

War wirklich nicht mehr herauszuholen als ein fauler Kompromiss? Enttäuschend ist es allemal für die Linkswähler und Gewerkschaften, wenn „ihre“ Regierung so kleinlaut den Schwanz einzieht, nachdem einer ihrer prominentesten Minister vor den Kameras zuerst den starken Mann gespielt und dem größten Stahlindustriellen der Welt mit Verstaatlichung gedroht, ja ihn sogar zur „persona non grata“ in Frankreich erklärt hatte. Im Nachhinein wirkt das alles wie ein billiger Bluff.

Bild: privat
Rudolf Balmer

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Die Regierung hat sich verbal übernommen, sie konnte politisch und finanziell nicht mithalten. Der hochverschuldete französische Staat ist erpressbar, er hat nicht die Mittel, selbst in die Stahlindustrie zu investieren. Ein staatlicher Rettungsplan für Florange könnte zudem einen Präzedenzfall schaffen, auf den sich alle anderen von der Krise betroffenen Sektoren zu Recht berufen würden.

Das wusste auch Hollande. Er wollte ja das Gespenst der Nationalisierung bloß als letztes Argument einsetzen, ohne je wirklich zur Tat schreiten zu wollen. Diese Taktik war zu durchsichtig. Wie Industrieminister Arnaud Montebourg hat sich Hollande deswegen lächerlich gemacht. Seine Abschreckungswaffe hat sich als Knallfrosch erwiesen und wird beim nächsten Kampf um Arbeitsplätze keinen Boss mehr terrorisieren.

Die Regierung hat die Chance vergeben, ein Exempel zu statuieren und zu zeigen, dass sie effektiv so radikal sein kann, wie sie (manchmal) redet.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • M
    mike

    Kanllfrosch? Wann und Wo hat schon mal der Staat sich als der bessere Unternehmer erwiesen? Wann und Wo hat es ein staatliches Unternehmen geschafft echte Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern? Wann und Wo haben sozialistische Salonträume jemals der Realität stand gehalten? Wann und Wo haben Linke die Welt mal verstanden?