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Kommentar Spitze der LinksparteiVon wegen einmütig

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch müssen sich einem Kompromiss beugen. Auch Katja Kipping und Bernd Riexinger haben ihren Platz im Team.

Sahra Wagenknecht (v. l. n. r.), Bernd Riexinger, Christoph Butterwegge, Dietmar Bartsch und Katja Kipping Foto: dpa

D as Kalkül von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ist nicht ganz aufgegangen. Zwar konnten die beiden FraktionschefInnen durchsetzen, SpitzenkandidatInnen der Linkspartei zu werden – zugleich aber müssen sie sich einem trickreichen Kompromiss beugen. Mit diplomatischen Formulierungen – die SpitzenkandidatInnen sind Teil eines Spitzenteams, in dem alle vier Figuren des Führungspersonals vertreten sind – wird nun sichergestellt, dass auch die beiden Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger ihren Platz im Wahlkampfteam haben.

Die Lösung hat zum Teil ganz pragmatische, wahlkampftaktische Gründe: Ohne Sahra Wagenknecht, die mediale Frontfrau, hätte die Linkspartei in den kommenden Monaten tatsächlich deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen. Zudem bedeutet die nach außen als einmütig verkaufte Entscheidung für ein Spitzenteam zu diesem Zeitpunkt, dass der Wahlkampf der Linkspartei nun beginnen kann. So läuft die Partei weder Gefahr, sich nach innen zu zerlegen, bis sie etwa eine Kampfabstimmung über ihre SpitzenkandidatInnen überstanden hat, noch steht sie nach außen ähnlich unentschlossen da wie die SPD. Ab jetzt können Inhalte zählen.

Genau das ist zugleich ein Problem: Denn so weit die Flügel der Partei tatsächlich auseinanderklaffen, in so verschiedene Richtungen ziehen auch die vier KandidatInnen, die ihre Partei nun einmütig vertreten sollen. Kipping und Riexinger stehen für das progressive, sozial orientierte, emanzipatorische Milieu in der Parteimitte, das die beiden Flügel um Wagenknecht und Bartsch zu integrieren sucht.

Wagenknecht vertritt einen traditionslinken Kurs, eher national orientiert, mit fragwürdigen Positionen etwa in der Flüchtlingsfrage, Bartsch hingegen den Willen zur Regierungsbeteiligung. Für die Führung einer Fraktion und einer Partei mag diese Besetzung sinnvoll sein – für den Wahlkampf, in dem die Beteiligten eine Linie vertreten sollten, bedeutet sie ein Risiko.

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Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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5 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Da fällt die Wahl schwer: Frauke Petry oder Sahra Wagenknecht. Die Unterschiede sind graduell ...

  • Wer die Bilder und Körpersprache gestern in der Tagesschau gesehen hat weiß, dass dieser Artikel euphemistisch ist.

    Vier bzw. 2 mal 2 Möchtegern Alpha-Tiere als Zweckgemeinschaft. Hätte es besser getroffen. Faktisch und programmatisch am Ende bevor es anfängt.

    Un-wähl-bar die Truppe.

  • Schön wie eindeutig und polemisch die TAZ die vermeintlichen Positionen formuliert, da weiß man was man hat. Ehrlich gesagt weiß ich bei der Kipping nie wofür sie steht. Sie tut zwar immer sozial und progressiv, hat aber kaum konkrete Ideen. Die infame Unterstellung des "Nationalismus" von Wagenknechts politischer Ausrichtung und dabei ihre Kenntnisse und Forderungen die soziale wirtschaftliche Probleme benennen ist wohl Taktik.

     

    Aber die "fragwürdigen" Positionen sind eine Erfindung von Leuten, die keinerlei Fragen über und echte Lösungen für die Menschen, die fliehen müssen, wollen. Wer glaubt, das "Flüchtlinge" ein Gut an sich ist, mit dem man sich selbst als besonders progrssiv und sozial darstellen kann, der hat auch vergessen, dass diese Menschen nicht aus Spaß am "auswandern" herkommen, sondern es gibt zum einen Gründe für die Flucht und zum anderen entstehen durch Migration auch Kosten und Bedürfnisse die eine Gesellschaft erfüllen und finanzieren muss.

    Wer das hinterfragt, wie Wageknecht, hat sicher keine "fragwürdige" Position, sondern vertritt die der Menschen, die sich um Flüchtlinge kümmern wollen. Nur das "helfen wollen" allein reicht dazu nicht aus.