Kommentar Spitze der Linkspartei: Von wegen einmütig
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch müssen sich einem Kompromiss beugen. Auch Katja Kipping und Bernd Riexinger haben ihren Platz im Team.
D as Kalkül von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ist nicht ganz aufgegangen. Zwar konnten die beiden FraktionschefInnen durchsetzen, SpitzenkandidatInnen der Linkspartei zu werden – zugleich aber müssen sie sich einem trickreichen Kompromiss beugen. Mit diplomatischen Formulierungen – die SpitzenkandidatInnen sind Teil eines Spitzenteams, in dem alle vier Figuren des Führungspersonals vertreten sind – wird nun sichergestellt, dass auch die beiden Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger ihren Platz im Wahlkampfteam haben.
Die Lösung hat zum Teil ganz pragmatische, wahlkampftaktische Gründe: Ohne Sahra Wagenknecht, die mediale Frontfrau, hätte die Linkspartei in den kommenden Monaten tatsächlich deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen. Zudem bedeutet die nach außen als einmütig verkaufte Entscheidung für ein Spitzenteam zu diesem Zeitpunkt, dass der Wahlkampf der Linkspartei nun beginnen kann. So läuft die Partei weder Gefahr, sich nach innen zu zerlegen, bis sie etwa eine Kampfabstimmung über ihre SpitzenkandidatInnen überstanden hat, noch steht sie nach außen ähnlich unentschlossen da wie die SPD. Ab jetzt können Inhalte zählen.
Genau das ist zugleich ein Problem: Denn so weit die Flügel der Partei tatsächlich auseinanderklaffen, in so verschiedene Richtungen ziehen auch die vier KandidatInnen, die ihre Partei nun einmütig vertreten sollen. Kipping und Riexinger stehen für das progressive, sozial orientierte, emanzipatorische Milieu in der Parteimitte, das die beiden Flügel um Wagenknecht und Bartsch zu integrieren sucht.
Wagenknecht vertritt einen traditionslinken Kurs, eher national orientiert, mit fragwürdigen Positionen etwa in der Flüchtlingsfrage, Bartsch hingegen den Willen zur Regierungsbeteiligung. Für die Führung einer Fraktion und einer Partei mag diese Besetzung sinnvoll sein – für den Wahlkampf, in dem die Beteiligten eine Linie vertreten sollten, bedeutet sie ein Risiko.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen