Kommentar Somalia: Unterirdische Berichterstattung
Im Falle Somalias verdrehen die Medien ziemlich vehement die Tatsachen, um das jüngst ins Wanken geratene westliche Katastrophenbild Afrikas zu retten.
P ünktlich zum Sommerloch ist Hungersaison in Somalia, und der globale Medienzirkus freut sich. Endlich können seriöse Zeitungen auch mal ihre Titelblätter mit den großen Augen verhungernder schwarzer Kinder schmücken und damit das jüngst ziemlich ins Wanken geratene westliche Katastrophenbild Afrikas retten.
Das UN-Welternährungsprogramm bezeichnet ein Flugzeug nach Mogadischu als Luftbrücke und von Nachrichtenagenturen gefütterte Redaktionen reagieren mit Hintergrundberichten zur Berlin-Blockade 1948 und sprechen brav vom "ersten Hilfsflugzeug" und von der "Hilfe für Afrika", die jetzt "anrollt".
Manche UN-Helfer werden aus dem Gebiet der islamistischen Shabaab-Milizen ausgesperrt, und seriöse Medien schreiben, die Shabaab würden Hilfe nicht zulassen, obwohl andere Hilfswerke in deren Gebiet arbeiten. In Mogadischu brechen schwere Kämpfe aus, und seriöse Journalisten in Schutzwesten beten die Sprüche der Militärsprecher nach: Es gehe darum, Flüchtlinge zu schützen und Angriffe der Islamisten zu stoppen. Wen kümmert es, dass die Angriffe von der afrikanischen Eingreiftruppe ausgehen und dass Helfer ihre Arbeit durch sie bedroht sehen?
ist Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und Afrika-Redakteur.
In Mogadischu steht eine afrikanische Eingreiftruppe, von der EU ausgebildet und von den USA logistisch unterstützt. Sie dient einer international anerkannten Regierung. Das aber bedeutet nicht, dass alles richtig ist, was diese Regierung und diese Eingreiftruppe tun. Eine Großoffensive mitten in der Hauptstadt während einer heiklen Hilfsaktion und zu einem Zeitpunkt erheblicher politischer Spannungen ist fahrlässig. Wer Somalia helfen will, sollte die Kriegstreiber in Mogadischu stoppen.
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