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Kommentar SenatswerbungFalscher Einfluss aufs Volk

Kommentar von Sebastian Heiser

Der Berliner Senat wirbt für Ethikunterricht - und sollte das Geld lieber sparen.

I n der Redaktion bekommen wir immer wieder Post von Lesern, die gegen jede Werbung in der taz sind. Sie fürchten, dass Konzerne sich damit eine freundliche Berichterstattung erkaufen wollen. Bei den am Montag in sieben Zeitungen erschienenen Anzeigen des Senats gegen "Pro Reli" war es sicher nicht das Ziel, Einfluss auf die Redaktionen zu nehmen. Die Anzeigen sind dennoch falsch: weil der Senat nicht mit Steuergeld Volksentscheide beeinflussen sollte.

Die taz kann die 1.280 Euro für die Anzeige zwar gut gebrauchen. Auch die anderen Zeitungen werden sich über die insgesamt 25.000 Euro gefreut haben. Und der Senat soll auch eine Meinung haben und die laut sagen. Die Zeitungen haben auch darüber berichtet, dass der Senat den Volksentscheid ablehnt.

Bezahlte Werbung sollte dagegen den Initiativen und Parteien vorbehalten bleiben. Sie müssen dann nach Personen und Unternehmen suchen, denen das Anliegen so wichtig ist, dass sie Geld spenden. Klaus Wowereit hat zu Recht beklagt, dass dadurch ein Ungleichgewicht entsteht: Finanzkräftige Interessengruppen können eher einen Volksentscheid finanzieren. Man kann dieses Ungleichgewicht nicht verhindern, aber zumindest für mehr Transparenz sorgen. Ganz falsch ist dagegen, wenn der Senat mit Werbung dagegenhält, die er mit den fast unbegrenzt vorhandenen Steuergeldern bezahlt. Sonst erscheinen vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl noch Senatsanzeigen für SPD und Linkspartei.

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4 Kommentare

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  • CR
    christine rölke-sommer

    wie? was? der senat darf nicht seine eigenen gesetze verteidigen? - ich bekam heute mal wieder post von meinem bischof! zum zweiten mal. ich muß da doch mal anfragen, ob der bischof diese werbeaktion für "pro reli" aus seiner privat-schatulle bezahlt hat! wenn nicht, na ja, dann wäre noch mal darüber zu reden, ob das der richtige umgang mit kirchenvermögen und kirchensteuern ist. immerhin zahlen ja auch leute kirchensteuern, die "pro reli" nicht so toll finden...

     

    und was es mit demokratie zu tun hat, wenn der bischof mir mitteilt, er würde dafür stimmen (steht da so rum, als letztes gewichtiges argument), dahinter bin ich auch noch nicht gekommen! sieht eher so aus, als versuche der bischof, mit der kraft/bedeutung seines amtes druck zu machen! gut - mir ringt das allerhöchstens ein schmunzeln ab. aber es soll ja menschen geben, die sich von einem bischofs-wort, zumal einem schriftlichen, beeindrucken lassen.

  • AB
    alles beim Alten

    Ich muss Sebastian Heiser Recht geben.

     

    Der Senat ist ein Exekutivorgan des Staates. Durch die Verwendung von Steuergeldern zur Einflußnahme auf eine Gesetzgebung, also der Legislative, wird die Gewaltenteilung untergraben. Dabei spielt es keine Rolle, wieviel Geld dafür ausgegeben wird. Korruption macht sich auch nicht an der Höhe der eingesetzten Mittel fest.

     

    Wenn es von Seiten der Senatsmitglieder einer Einflußnahme bedarf, dann durch private Unterstützung einer Partei/Seite.

     

    Im übrigen wird nicht nur Herr Huber vom Staat finanziell unterstützt, sondern auch alle größeren Parteien und gemeinnützig anerkannten Vereine (steuerlich absetzebare Spendenquittung).

  • HM
    H. Martin

    Der Senat hat meiner Ansicht nach nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, die Bevölkerung aus seiner Sicht zu informieren. Bei 25000 EUR von "unbegrenzt vorhandenen Steuergeldern" zu sprechen, ist unangemessen — zumal Pro Reli offenbar Millionen für ihre Propaganda ausgibt.

     

    Übrigens: Der ausschließlich von Steuergeldern (also nicht der Kirchensteuer!) alimentierte Bischof Huber (ca. 10000 bis 120000 EUR im Monat würde ich schätzen) macht seit Monaten den Vollzeitagitator für Pro Reli. Sollte das nicht mal hinterfragt werden?

  • G
    Gott

    So ein Blödsinn. Beim Volksentscheid geht es doch nicht um SPD/LINKE/GRÜNE gegen CDU/FDP (auch wenn die CDU/FDP versucht mit dem Thema auf sich aufmerksam zu machen, weil man ja einfach gegen alles sein MUSS was von anderen Parteien kommt. Nicht gerade sehr erwachsen dieses Verhalten).

    Die 25.000 Euro die der Senat nun für ihre eigene Sachen ausgegeben hat ist sicherlich auch nur ein Bruchteil dessen mit denen Pro-Reli durch die Kirchen unterstützt wurde. Die Kirchen könnten mit ihrer Kirchensteuer sicher auch mehreren Menschen helfen statt sie für Plakate auszugeben, Briefe zu drucken die Kinder dann im Religionsunterricht bekommen um sie ihren Eltern zuzustellen und und und. Gibt schließlich auch genug Kirchenmitglieder die gegen Pro-Reli sind (siehe "Christen pro Ethik")...

     

    Auf jeden Fall denke ich, dass der gewählte Senat (nicht die einzelnen Parteien) das Recht haben (und haben sollten) der Bevölkerung ihr Handeln und ihre Motivation näher zu bringen.