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Kommentar SchulstreitSchmerzgrenze erreicht

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Es sind Kräfte von der Basis, denen die Idee wichtiger ist als die Einbindung ins Regierungeschäft.

M an stelle sich das einmal vor: Angenommen, die Verhandlungen scheitern und es gibt einen Volksentscheid zur Schulreform. Dann ist der schwarz-grüne Senat auf jene Eltern und Lehrer und andere Teile der Bevölkerung angewiesen, die sich für die sechsjährige Grundschule stark machen. Doch nun gibt es eine traurige Entwicklung: Die Zugeständnisse, die bereits gemacht wurden, gehen diesen Eltern zu weit. Sie reichen dem Rechtsanwalt Walter Scheuerl nicht und zerstören zugleich das attraktive Konzept der Primarschule.

Der Vorstoß von Pro-Schulreform macht zur richtigen Zeit deutlich, dass es in dieser Stadt außer der Scheuerl-Truppe auch noch andere gibt, die ihre Schmerzgrenze haben. Sollte Schwarz-Grün das Stufenkonzept so oder so einführen - auch wenn es einen Volksentscheid, weil keine Einigung mit den Primarschulgegnern gibt - gäbe es zwei Volksinitiativen und für den Bürger eine vermutlich sehr unübersichtliche Lage.

Es scheint so, als verliere die Unterstützerseite die Geduld. Sie will nicht mit ansehen, wie die Idee des gemeinsamem Lernens kaputt verhandelt wird.

Es sind Kräfte von der Basis, denen diese Idee wichtiger ist als die Einbindung ins Regierungsgeschäft. Wer die Primarschule zum Erfolg führen will, muss nicht nur mit Scheuerl reden, sondern auch mit den eigenen Freunden verhandeln.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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5 Kommentare

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  • A
    Anne

    Ich habe mit unterschrieben, weil ich genau diese Schulreform NICHT möchte. Und deshalb haben so viele andere Bürger Hamburgs auch unterschriben. Die Berichte aus Berlin und Bremen sind einfach zu schlecht. Hamburgs Schulen und Schüler stöhnen unter den Auswirkungen der voraus gegangenen Reformen.

     

    Ich sehne mich nach einer / einem Schulsenatorin, die endlich einmal fähig und ohne ideologische Scheuklappen ist. Die die vorhergegangene Reformen optimiert, Lehrpläne SINNVOLL überarbeitet, kleinere Klassen schafft, mehr fördert, dafür sorgt das alle Kinder in der 1. Klasse mit GUTEN Deutschkenntnissen starten.

     

    Ich mag keine Senatorin, die die nächste (sau teure) Sau durch die Stadt treibt und wieder alles zerstört. und Schulen und Schüler in die Verzweifelung treibt.

    Mir fehlt komplett das Engagement z.B. für den Doppeljahrgang der nun Abi macht.

     

    Die quatschige Argumentation das gemeinsames Lernen besser bei PISA abschneidet, wird direkt durch Vergleich wiederlegt z.B. Dänemark und Schweden schneiden schlechter ab. Was soll also dieser hinkende Vergleich?

     

    Tschüß

    Anne

  • WN
    Wolfgang Neitzel

    Ihre vorwitzige Borniertheit beim bezahlten Unterschriftensammeln in Gottesdiensten und Altenheimen war recht auffällig: "Wir wollen lernen" fordert viel und will wenig geben:

    Ihre Kompromissunfähigkeit ist eine Demonstration für ein 2-Klassen-Schulsystem; Ihre 200 000 Euro Kampagne für den Erhalt der Bildungsbarrieren will an der Spaltung der Gesellschaft in angeblich Blöde und Schlaue festhalten. Bildung und Evaluation sollen folgerichtig bei den ewig gestrigen Fach-

    leuten bleiben. Man kann dieser besserwisserischen Elite eine zutiefst undemokratische Haltung, fachliche Inkompetenz und gezielte Desinformation vorwerfen; Doch wo regt sich bisher die Empörung? Ob Migrant, HarzIV- oder Wohlstandsbürger; Gerechtere Bildungs- und Zukunftschancen scheinen im Konsumparadies unwichtig. - Armes Deutschland!

  • CH
    Claas Höhrmann

    Hoffentlich kommt so langsam Vernunft in diese Debatte. Nachdem sich die Schulreform-Gegner monatelang (dank der Spendenbereitschaft der Möchtegern-Elite Hamburgs) austoben konnten und vielen Eltern einfach nur Angst gemacht haben, wünsche ich mir eine Versachlichung der Diskussion. Ich finde es in meinem Umkreis sehr spannend zu sehen, dass es eigentlich nur zwei Arten von Untersztützern der Reformgegner zu geben scheint: Zum Einen das Spektrum der Eltern, denen mit ein paar Schlagwörtern die Furcht vor dem Wissensverfall ihrer Kinder eingeimpft wird und zum Anderen das Spektrum derjenigen, die sich auch schon (typisch hamburgisch) von den platten Argumenten der Schill-Partei einlullen ließen.

     

    Wenn von Beust es tatsächlich schafft, diese beiden Gruppen zu trennen, die ja nun wahrlich gar nichts miteinander zu tun haben, sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Der Weg kann nur das Entlarven der ständig wiederholten Scheinargumente der Gegner sein.

     

    Um ganz ehrlich zu sein, ich schäme mich für das Niveau der Diskussion.

  • WW
    Wer wagt den Vergleich...

    Ach - wer ist denn pro Schulreform? Eine eilig zusammengetrommelte Truppe, um Geld für Kampangen im Sommer zu sammeln und um angeblich zu zeigen, dass es noch andere gibt. Dumm nur, dass sie keine 184.500 Hamburger stark sind - die größte jemals in Hamburg bei einem Volksbegehren gesammelte Zahl von Bürgern. Sollte das nicht zu denken geben? Aber nein. Statt dessen wird weiter die Mähr verbreitet, es gebe viele andere Hamburger, die für eine ideologische Schullandschaft aus der Mottenkiste sind. Bereits "eine Schule für alle", und von der GEW unterstützt, brachte nicht einmal ein Volksbegehren zustande. Und in der GAL sind beileibe nicht alle dafür, ihre Kinder Frau Götsch zum auszuprobieren zu überlassen. Warum wohl, will die GEW keinen echten evaluierten Vergleich. Na, warum wohl? Weil dann offenbar wird, dass die ganzen Flausen nichts bringen, was aber keiner merken soll, weshalb es dann auch bis zur 6. Klasse keine Zeignisse mehr gibt. Tolle Schulreform.

  • CB
    Carsten Bittner

    Für alle die es schon wieder vergessen haben noch einmal zur Erinnerung: Die Freunde des "längeren gemeinsamen Lernens" haben Ihr Volksbegehren bereits gehabt und sie haben das notwendige Quorum bei weitem verfehlt.