Kommentar Scheinummeldungen für Schulplätze: Schlimmer als Abschreiben
Schummler wird es weiterhin geben. Aber Dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.
W er in der Schule beim Mogeln erwischt wird, kriegt ne sechs, muss die Arbeit nachschreiben und in ganz harten Fällen - etwa bei einer Abiturprüfung - ein ganzes Schuljahr wiederholen. Das weiß jedes Kind. Das wissen auch alle Mütter und Väter. Die waren schließlich selbst mal in der Schule. Und deshalb ist zumindest eins klar: der Beschluss des Verwaltungsgerichts, laut dem ein Kind seinen erschummelten Schulplatz räumen muss, mag hart klingen. Beschweren darüber dürfen sich die Eltern jedoch nicht. Denn die Strafe gehört zur Regel dazu.
Schummelnde Eltern sind genauso weit verbreitet wie mogelnde Schüler. Um den vermeintlich besten Platz für die lieben Kleinen zu ergattern, melden Eltern ihre Kids bei der Oma an, ziehen ganze Familien für ein paar Monate in eine Zweitwohnung jenseits der Bezirksgrenze, werden Untermietverträge fingiert. Und das nicht nur, um Klassen mit vielen Migrantenkids zu umgehen, sondern auch, weil Eltern die Ausstattung des Schulhofs oder schlicht die Nase des Direktors nicht passt.
Per se ist Tricksen in der Schule keine Katastrophe. Im Gegenteil: Es kann sogar ein Zeichen von Intelligenz sein. Doch anders als das Spicken bei Klassenarbeiten, bei dem ein Schüler das eigene Resultat verbessert, ohne das des Sitznachbarn zu verschlechtern, geht es beim elterlichen Wohnortbetrug immer auch um Verdrängung. Denn wo das eigene Kind reingemogelt wird, fliegt zwangsläufig ein anderes raus. Bisher haben sich diejenigen durchgesetzt, die skrupellos nur das Wohl der eigenen Brut im Sinn hatten. Schummler wird es weiterhin geben. Aber dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier