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Kommentar Scheinummeldungen für SchulplätzeSchlimmer als Abschreiben

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Schummler wird es weiterhin geben. Aber Dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.

W er in der Schule beim Mogeln erwischt wird, kriegt ne sechs, muss die Arbeit nachschreiben und in ganz harten Fällen - etwa bei einer Abiturprüfung - ein ganzes Schuljahr wiederholen. Das weiß jedes Kind. Das wissen auch alle Mütter und Väter. Die waren schließlich selbst mal in der Schule. Und deshalb ist zumindest eins klar: der Beschluss des Verwaltungsgerichts, laut dem ein Kind seinen erschummelten Schulplatz räumen muss, mag hart klingen. Beschweren darüber dürfen sich die Eltern jedoch nicht. Denn die Strafe gehört zur Regel dazu.

Schummelnde Eltern sind genauso weit verbreitet wie mogelnde Schüler. Um den vermeintlich besten Platz für die lieben Kleinen zu ergattern, melden Eltern ihre Kids bei der Oma an, ziehen ganze Familien für ein paar Monate in eine Zweitwohnung jenseits der Bezirksgrenze, werden Untermietverträge fingiert. Und das nicht nur, um Klassen mit vielen Migrantenkids zu umgehen, sondern auch, weil Eltern die Ausstattung des Schulhofs oder schlicht die Nase des Direktors nicht passt.

Per se ist Tricksen in der Schule keine Katastrophe. Im Gegenteil: Es kann sogar ein Zeichen von Intelligenz sein. Doch anders als das Spicken bei Klassenarbeiten, bei dem ein Schüler das eigene Resultat verbessert, ohne das des Sitznachbarn zu verschlechtern, geht es beim elterlichen Wohnortbetrug immer auch um Verdrängung. Denn wo das eigene Kind reingemogelt wird, fliegt zwangsläufig ein anderes raus. Bisher haben sich diejenigen durchgesetzt, die skrupellos nur das Wohl der eigenen Brut im Sinn hatten. Schummler wird es weiterhin geben. Aber dank des Gerichtsentscheids haben jetzt wenigstens die Rausgekegelten eine Chance, sich zu wehren.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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4 Kommentare

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  • A
    Andreas

    Auf den Punkt - der Kommentar trifft exakt das Problem: Ummelden ist Betrug und Verdrängung. Die Motive mögen nachvollziehbar sein, die billigend in Kauf genommene Benachteiligung der anderen (die selbst, obwohl berechtigt, keinen Platz bekommen oder ihr Kind plötzlich mit 26 statt 23 Mitschülern/innen in der Klasse wiederfinden) ist zum Kotzen. Wer die "schöne" Schule im Nachbarbezirk will, muss halt wirklich umziehen.

  • I
    imation

    Wo hin bringt den eigentlich Herr Gereon Asmuth seine "Brut" zur Schule?

     

    PS : Und es ist natürlich ganz schlimm wenn sich Eltern um ihre Kinder kümmern. Wenn die Kinder nämlich eine ordentliche Erziehung und Bildung bekommen brauchen die ja alle keine Sozialarbeiter etc. Und wir wollen doch nicht das die Sozialindustrie überflüssig wird, gelle?

  • A
    anna

    Ihr Kommentar vedrängt das wahre Problem! Hier geht die Fehlleistung einer verschlafenen Senatsbehörde zu Lasten von Kindern und Eltern! Ich kenne niemand, der sein Kind unter ziemlicher Anstrengung woanders unterbringen will, bloß weil ihm "die Nase des Direktors nicht paßt". Das Problem liegt an den Schulen, es liegt daran, dass man Jahrzehnte lang die Augen vor den wachsenden Problemen fest geschlossen hielt, dass der reale Bedarf an Schulplätzen in keiner Weise bei der Planung berücksichtigt wird und die Schulverwaltung offenbar in erster Linie sich selbst verwaltet. 1999 Jahren sollte mein Sohn in Kreuzberg in einer Schule eingeschult werden, an der es bereits damals viele rein türkische Klassen gab, weshalb wir ihn in Mitte einschulen ließen. Vom Schulamt kamen Sätze wie "Ist Ihr Sohn denn etwas Besseres?", "Sind Sie ausländerfeindlich?", oder "Wir wollen doch hier kein Ghetto!". Nein, wir hatten schon eins! In unserem jetzigen Wohnbezirk sind durch den Zuzug vieler kinderreicher Familien im letzten Jahrzehnt die Schulen überlastet. Reaktion des Schulsenats? Fehlanzeige. Aber die Bösen sind natürlich die Eltern. Wie kann man nur so asozial sein, sich für sein Kind eine gute Schule zu wünschen?!?

  • G
    gerd.

    "Und das nicht nur, um Klassen mit vielen Migrantenkids zu umgehen, sondern auch, weil Eltern die Ausstattung des Schulhofs oder schlicht die Nase des Direktors nicht passt."

     

    Und dazu sollten die Eltern (oder vielmehr die Schüler/innen) auch ihr festgeschriebenes Recht bekommen, ebenso wie es zulässig werden muss, dass Kinder eine Alternative zum Zwangsschulsystem annhemen können, sei es Homeschooling oder auch Unschooling. Es ist ein Unding, dass der Staat sich derartig einmischt und die Persönlichkeitsbelange von zudem noch jungen Menschen unter dem Vorwand, den Kindern etwas Gutes zu tun, missbraucht.