Kommentar Sarkozys Umweltpolitik: Klimawandel à la française
Frankreich beginnt langsam, Umweltpolitik zu betreiben. Doch das ist kein Grund für Präsident Sarkozy, sein Engagement für Atomkraftwerke einzuschränken.
Die Franzosen waren lange Zeit Umweltmuffel: Trotz großer Sprachverliebtheit erfanden sie nicht einmal ein eigenes Wort für das "Waldsterben".
Die Zeit dieser Umweltignoranz ist in Frankreich nun vorbei. Der "Umweltpakt", den KandidatInnen sämtlicher Parteien im Wahlkampf unterzeichnet haben, ist ein Indiz hierfür. Ebenso wie die Größe und hierarchische Stellung des neuen Umweltministeriums. Auch die "Grenelle" genannten Umweltgespräche, die seit Wochen in Paris laufen und am Donnerstag zu einem vorläufigen Abschluss gekommen sind, offenbaren den Paradigmenwechsel. Erstmals wurden Umweltprobleme auf höchster politischer Ebene diskutiert und von den Medien in alle Haushalte übertragen: von der Wohnraumisolierung über die Einschränkung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft und die Erhaltung der Biodiversität bis hin zu einem Stopp beim Ausbau des Straßennetzes.
Dennoch bedeutet "Umweltpolitik" weiterhin etwas grundsätzlich anderes als in Deutschland. Das gilt vor allem für die Energiegewinnung. Während man in Deutschland vorerst an dem Atomausstieg festhält, betreibt Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy eine weltweite Kampagne für den Ausbau der Atomenergie. In Tripolis hat Frankreich im Juli ein AKW zugesagt. Berlin hat im Hochsommer aus Paris erfahren, dass seine Atompolitik ein Fehler sei. In der UNO-Vollversammlung hat Sarkozy im September erklärt, dass er bereit ist, "allen Ländern zu helfen, die eine zivile Nutzung der Atomenergie wollen". Und in Marokko unterzeichnete Sarkozy am Dienstag ein Atomprogramm, das sowohl den Bau von AKWs in Marokko als auch die Förderung von Uran beinhaltet.
Es stimmt, dass Sarkozy der erste französische Staatspräsident ist, der lagerübergreifende grundlegende Umweltgespräche organisiert hat. Zugleich ist er jener, der intensiver als sämtliche Vorgänger für den Ausbau des Atomsektors sorgt. Es bleibt damit in Frankreich bei dem Widerspruch zwischen weniger Schadstoffabgaben im Kleinen und mehr Strahlenbelastung im Großen.
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