Kommentar Sarkozy: Politische Panik in Paris

Die Bilder von brennenden Banlieues, die Sarkozy einst den Weg zur Präsidentschaft bereiteten, nutzen ihm heute nicht mehr. Denn von der Angst der Franzosen profitiert vor allem der Front National.

Frankreich ist eines der Länder mit den meisten und am besten ausgebildeten Polizisten. Auch die Kriminalitätsstatistiken sind nicht beunruhigender als sonst in Europa. Aber wenn der kollektive Eindruck entsteht, die innere Sicherheit sei bedroht, reagieren die Franzosen mit Panik und wählen rechts. Das ist eine Konstante der Geschichte.

Im Jahr 2002 etwa, nach einem dramatisch zugespitzten Wahlkampf, in dessen Mittelpunkt das Thema Kriminalität stand, ging der Rechtsextreme Jean-Marie Le Pen als zweitstärkster Politiker aus dem Urnengang hervor. Im Herbst 2005, als es drei Wochen lang Aufstände in zahlreichen Banlieues gab, konnte sich Innenminister Nicolas Sarkozy mit harten Worten und Gesten als harter Mann der Stunde profilieren. Und in dieser Woche, als erneut Straßenschlachten ausgebrochen sind, ist das Thema der sozialen Gerechtigkeit, das zuvor wochenlang die Öffentlichkeit beherrschte, wieder in den Hintergrund getreten. Fast scheint vergessen, dass bis zum vergangenen Sonntag Sarkozy und seine Regierung erstmals verunsichert wirkten.

Weiterhin fällt auf, dass Banlieue-Unruhen in der Regel ausbrechen, wenn rechte Regierungen an der Macht sind. Das liegt auch daran, dass sie geiziger mit sozialen Maßnahmen und Arbeitsmarktpolitik sind, und zupackender im Einsatz von Polizeitruppen. Aber außerhalb der der unmittelbar betroffenen Gebiete, wo die soziale Misere Alltag für fast alle gleich ist, nimmt das die große Öffentlichkeit in Frankreich kaum wahr. Sie sieht vor allem die angstmachenden Bilder von Flammen und Zerstörung und von nächtlichen Kämpfen.

Im Herbst 2005 haben solche Bilder das Terrain für den Präsidentschaftskandidaten Sarkozy bereitet. Jetzt muss die Linke in Frankreich vor den Kommunalwahlen im März zittern. Denn bei aller Skepsis gegenüber den Polizeieinsätzen gilt auch dieses Mal wieder die Rechte als kompetenter zur Wiederherstellung der Ordnung. Im März könnte der Reflex der Angst nicht nur der rechten UMP von Sarkozy zugute kommen, sondern wieder einmal auch der rechtsextremen Front National.

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