Kommentar SPD-Generalsekretärin: Was Sozialdemokraten brauchen
Sigmar Gabriels Wunschkandidatin ist sie nicht. Und doch könnte sich die künftige SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi als Glücksfall erweisen.
E s gibt zwei Arten von GeneralsekretärInnen. Durchgesetzt hat sich das recht monochrome Modell, das CSU-Mann Alexander Dobrindt verkörperte. Demnach geht es vor allem darum, die Gegner unablässig mit schwerem rhetorischem Gerät zu bearbeiten.
Früher gab es mal eine andere Interpretation dieses Jobs: Peter Glotz war eher strategischer Planer. Von der designierten SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi ist, wenn es gut läuft, wohl ein Mix von beiden Rollen zu erwarten.
Attacken auf die Konkurrenz sind angesichts der auf Konsens angewiesenen Großen Koalition und der überschaubaren Opposition nicht so zentral. Viel wichtiger sind die Probleme der Partei. Die SPD ist überaltert, sie ist eine Volkspartei im langen Sinkflug, die nicht weiß, was sie nach dem langwierigen Abschied von dem Modell Volkspartei sein wird. Das ist Kärrnerarbeit, in Talkshows kommt man damit nicht.
Aber es wird entscheidend sein, ob Fahimi Ideen hat, wie die Partei revitalisiert werden kann. Es ist ja offen, ob das Basisvotum zum Koalitionsvertrag nur ein machttaktischer Schachzug war, mit dem sich die Parteispitze mal rückversichern wollte. Oder ob dies eine Wendemarke war – weg von einer von oben dominierten, von der Ministerialbürokratie regierten Partei, hin zu einer offenen, atmenden Organisation.
Fahimi ist offenbar nicht Sigmar Gabriels Wunschkandidatin. Trotzdem entspricht sie – weiblich, relativ jung, mit migrantischem Hintergrund – dem Bild, das der SPD-Chef gern von seiner Partei entwirft. Auch politisch ist Fahimi ähnlich dehnungsfähig wie Gabriel. Sie gilt als Parteilinke, ist aber Funktionärin der rechtssozialdemokratisch gefärbten Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.
Wenn es gut läuft, wird Fahimi eine eigene, von dem nahezu übermächtigen Parteichef und Superminister Gabriel unabhängige Stimme. Die SPD bräuchte das, dringend.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben