Kommentar Russischer Sport und Doping: Was wir von Doping wissen
Die Chefin der russischen Antidopingagentur Rusada, Anna Anzeliowitsch, hat nur beschrieben, was alle wissen: Doping gab es flächendeckend
![Schild der russischen Antidopingbehörde in Moskau Schild der russischen Antidopingbehörde in Moskau](https://taz.de/picture/1692867/14/0b1c5e9c9753f4fa5447c12d0a8b7006_edited_58635751_e1240a11c0.jpeg)
Es war eine institutionelle Verschwörung.“ So wird die Chefin der russischen Antidopingagentur Rusada, Anna Anzeliowitsch, von der New York Times zitiert. Schockiert sei sie gewesen über den Umfang des Dopings in Russlands, so die Funktionärin.
Da das verdammt nach dem Eingeständnis von Staatsdoping klingt, haben Kreml und Rusada sofort dementiert: Aus dem Zusammenhang gerissen sei das Zitat – man kennt das. Wer jedoch den Bericht genau liest, merkt: Die Dementis wären überflüssig. Anzeliowitsch hat nur ziemlich genau das beschrieben, was längst bewiesen ist: dass es Doping im russischen Sport gibt – und zwar flächendeckend. Eine staatliche Anordnung dementiert Anzeliowitsch. Es ist bloß die Formulierung von der „institutionellen Verschwörung“, die Moskaus Funktionäre in Hektik und Rage versetzt. Dieser Begriff taucht nämlich in dem McLaren-Report auf, jenem Bericht, in dem die Weltantidopingagentur Wada Doping in Russland untersucht.
Der Bericht spricht von 1.000 gedopten russischen Olympiateilnehmern in Sotschi 2014. Der ein oder andere Fall mag strittig sein; dass aber die Größenordnung stimmt, gilt als erwiesen. Und dass man sich eine solche Manipulation nicht anders als institutionell vorstellen kann, ist auch klar.
Doch wesentlich mehr sollte man aus dem Befund nicht folgern. Ob institutionell gleichzusetzen mit staatlich und ob das wiederum identisch mit Wladimir Putin ist – das lässt sich seriös nicht beantworten. Die Fußball-WM 2018 infrage zu stellen ist prinzipiell richtig – aus vielen Gründen, nicht zuletzt wegen der Menschenrechtssituation und der Bedingungen der Arbeiter in den WM-Stadien (deren Lage, anders als die beim WM-Gastgeber 2022 Katar, kaum thematisiert wird). Aber einen möglichen Beschluss zur Fußball-WM mit dem zu begründen, was man vom Wintersport weiß, ergänzt durch Hypothesen, was man Wladimir Putin so alles zutraut, ist nicht sehr sympathisch.
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