Kommentar Rücktritt Heinz Fromm: Die Geste verdient Respekt
Der Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten ist honorig, löst aber nicht das Problem. Die Behörde selbst ist für die Lösung ihrer Aufgaben ungeeignet.
D er Mann hat Charakter. Heinz Fromm, Präsident des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz, zieht die Konsequenzen aus der Aktenvernichtung in seiner Behörde und beantragt seine Versetzung in den Ruhestand.
Eine honorige Geste, denn der Behördenchef ist bestimmt nicht als Erster berufen, im Zusammenhang mit der eklatanten Pannenserie in Sachen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) seinen Hut zu nehmen.
Fromm war einer der wenigen in den Reihen der Sicherheitsbehörden, der wiederholt gewarnt hatte, den Großteil der Ressourcen der Verfassungsschutzbehörden in die Überwachung der islamistischen Szene zu stecken.
ist seit 1989 Redakteur bei der taz und beschäftigt sich immer wieder mit den Themenfeldern Innere Sicherheit, Terrorismus und den diversen Geheimdiensten in Deutschland.
Fromm war es auch, der bei seinem Amtsantritt von terroristischen Strukturen unter Rechtsextremen sprach, als andere dies noch konsequent bestritten. Und gegen die Zusammenlegung der Beobachtungsfelder rechter und linker Extremismus aus Kosten- und Effizienzgründen hatte er sich, wenn auch am Ende vergeblich, vehement gestemmt.
Als Präsident des Bundesamtes trägt Fromm dennoch Verantwortung. Daher seine Entscheidung. Nur: Der Rücktritt löst kein einziges der Probleme.
Das Versagen der Verfassungsschützer im Kampf gegen den Rechtsextremismus war und ist in den wenigsten Fällen ein personelles, es ist meist ein systematisches. Nur um einige Punkte zu benennen: Vom Verfassungsschutz bezahlte Informanten alimentieren die Neonaziszene, V-Leute vertreiben rassistische Hetzmusik, sie verüben Brandstiftungen und veröffentlichen Morddrohungen.
Sie fordern zu Straftaten auf und werden von ihren V-Mann-Führern vor drohenden Polizeimaßnahmen gewarnt. Dass jetzt auch noch die Akten vernichtet wurden, in denen derartige Vorgänge dokumentiert sein müssten, ist fast schon die logische Folge.
Vornehme Aufgabe der nunmehr eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse im Bund wie in den Bundesländern wäre nun, die entsprechende Schlussfolgerungen aus den skandalösen Vorgängen zu ziehen, die dazu geführt haben, dass eine braune Terrorgruppe jahrelang ungestört Migranten ermorden konnte.
Es ist wenig wahrscheinlich, aber auch nicht ganz auszuschließen, dass sie zu einer Erkenntnis kommen, auf die Insider und Kritiker der Dienste schon lange gestoßen sind: Die Architektur selbst ist der Fehler. So würde parlamentarische Aufarbeitung Sinn machen.
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