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Kommentar Rückgabe von Herero-GebeinenKeine Anerkennung

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die deutschen Streitkräfte begingen in Namibia einen Völkermord, das ist eine historische Tatsache. Nur die offiziellen Stellen wollen das nicht akzeptieren.

D eutschland hat ein äußerst selektives historisches Gedächtnis. Hitler kennt jeder, aber wer weiß noch, dass das Deutsche Reich einst auf der ganzen Welt Kolonien hatte? Ende des 19. Jahrhunderts versuchte Kaiser Wilhelm mit noch viel größerem Eifer als seine europäischen Rivalen, Territorien in Afrika an sich zu reißen.

Die Spuren davon sind in Namibia, Tansania, Burundi, Ruanda, Kamerun und Togo noch sehr lebendig. Nicht zuletzt, weil die Deutschen gegen Aufständische mit großer Brutalität vorgingen. In Deutsch-Ostafrika (Tansania) und in Deutsch-Südwestafrika (Namibia) bezahlten Anfang des 20. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahre Hunderttausende von Menschen mit dem Leben dafür, dass sie sich gegen die Deutschen erhoben.

Bei der Niederschlagung des Herero- und Nama-Aufstands in Namibia begingen die deutschen Streitkräfte einen Völkermord. Das ist eine historische Tatsache, über die inzwischen weitgehend Konsens besteht. Aber offizielle Stellen wollen das bis heute nicht anerkennen.

Bild: taz
DOMINIC JOHNSON

ist Ko-Leiter des Auslandsressorts der taz und zuständig für die Afrika-Berichterstattung.

Im Zusammenhang mit der Rückgabe von Schädeln von Völkermordopfern spricht die Bundesregierung von "Schädeln verstorbener Angehöriger der Volksgruppen Herero und Nama". Kein Wort über die Todesumstände. Die gültige Beschlusslage des Bundestags dazu aus dem Jahr 2004 nennt den Genozid einen "Feldzug", als handele es sich um eine normale Episode der deutschen Militärgeschichte. Versuche, in Politik, Gesellschaft, Schulunterricht und Gedenkkultur auf deutsche Kolonialverbrechen hinzuweisen, stoßen immer wieder auf Ablehnung.

Deutschland hat noch viel aufzuarbeiten. Mit den Namibiern, die sich jetzt bei der Rückholung der Schädel ziemlich schäbig behandelt vorkommen, hat es eine Chance verpasst.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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9 Kommentare

 / 
  • F
    Fawkrin

    Die ganze Berichterstattung der TAZ über die Völkermorde in den deutschen Kolonien, die Rückgabe einiger Schädel und die Ignoranz der Politiker ist einfach nur gut.

    Solche Themen gehören immer wieder in den Blickpunkt gerückt.

  • H
    Ähm

    @Marco:

    Du meint das doch nicht ernst oder?

    Diese "privilegierten Chefs" sind gewählte Vertreter eines freien und demokratischen Namibias, ich bitte dich deine Haltung zu reflektieren, wenn es um Vorurteile gegenüber den Ländern Afrikas im allgemeinen und Namibia (wo du lebst?) geht.

    ansonsten schließe ich mich Ilmtalkelly an. Das hat sehr wohl eine symbolische Bedeutung und es ist eine Schande meiner Meinung nach, dass Deutsche heutzutage immer noch nichts über ihre Kolonialgeschichte wissen und dass solche Artikel immer noch so kritisch kommentiert werden.

     

    @Ilm. Ich darf dir empfehlen die Reden und ideologischen Ansichten des Generals von Trotha einmal zu lesen, das hat nichts mit Feldzug zu tun, sondern nur mit systematischem Völkermord.

     

    @antiantianti: Das ändert leider nichts an der historischen Tatsache. Und hat auch nicht direkt mit Herrn Johnsons Artikel zu tun, denn er spricht die Familie von Trotha nicht an sondern das allgemeine deutsche geschichtsverständnis sowie die haltung des Bundestags.

    Ja ich persönlich habe mich mit dem Konflikt beschäftigt und das intensiv aber haben es 80 Millionen andere Deutsche?

  • S
    suswe

    Deutschland hat eine Möglichkeit versäumt, seine Vergangenheit auch in diesem Punkt aufzuarbeiten. Macht sich dann nicht so gut als Oberlehrer gegenüber den Türken und anderen. Das bisschen Geld, was die Überlebenden bekommen hätten, kann nicht das Problem sein. Vielleicht ist es der Irrtum, dass andere ehemalige "Mutterländer" keine Konflikte mit den ehemals Kolonisierten haben?

    Dann haben wir aber ein Problem: deutsche Politiker, die von den Verhältnissen in Europa keine Ahnung haben. Dachte ich bisher nur von den deutschen Nationalisten (auch in diesem Forum.)

  • W
    Webmarxist

    @ antiantiantianti

     

    Die Nachfahren des Genral von Trotha haben sich zwar bei den Herereos und den Namas entschuldigt, aber nicht die deutsche Bundesregierung als jetziger Nachfolger des deutschen Kaiserreichs und somit der deutschen Bevölkerung.

  • I
    ilmtalkelly

    @ Marco

    Ich mutmaße, du bist kein Herero und gehörst einer weißen Minderheit an.

    Deine finanziellen Einwände sind in keinem Verhältnis zur polit. Brisanz des Themas.Bei angemessener Entschädigung durch die Verantwortlichen des Genozid wären diese Spesen Taschengeld.

  • M
    Marco

    Man hätte den Kram auch mit DHL verschicken können.

    Statt dessen wurde mal wieder auf Kosten der namibischen Steuerzahler Geld für ein paar priveligierte ´´Chefs" aus dem Fenster geworfen.

    Und das bei einer Arbeitslosenquote von über 55%.

    Traurig das Ihr Deutschen euch das immer noch gefallen lasst.

  • I
    IJoe

    "Die gültige Beschlusslage des Bundestags dazu aus dem Jahr 2004 nennt den Genozid einen "Feldzug""

    Diesmal ein kluger Bundestag, der den historischen Tatsachen Rechnung trägt, auch wenns Herrn Johnson nicht paßt.

  • I
    ilmtalkelly

    Ich überlege gerade, ob ich mich für die arrogante Geste unserer Politiker stellvertretend schämen sollte.

    Ja, ich tu es, scheisse man.

     

    Die Großkopferten waren nie Mensch gewesen. Verlorene Seelen.

  • A
    antiantiantianti

    Bitte machen sie demnächst eine bessere Recherche, die Nachfahren des General von Trotha haben sich höchstpersönlich mit den Herero ausgesöhnt.