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Kommentar Rote Flora ProtestDer Tisch ist rund

Kommentar von Sven-Michael Veit

Kretschmer hat sich um den Frieden in der Stadt vor zehn Jahren verdient gemacht, doch jetzt spielt er mit dem Feuer. Eine gute Lösung kann es nur geben im Konsens von Eigentümer, Flora und Stadt.

N iemand hat ein Interesse daran, dass im Schanzenviertel wieder die Hütte brennt. Die abgefackelten Mülleimer bei den alljährlichen Maifestspielen samt Löscheinsatz der Wasserwerfer sind genug des Rituals. Ein Auflodern des alten Konfliktes muss genauso verhindert werden wie die Entzündung eines neuen.

Zwar sind die Interessen des Eigentümers Klausmartin Kretschmer nachvollziehbar. Es ist auch vollkommen unangemessen, ihn mit dem Hinweis auf Verträge, die er unterschrieb, zu verspotten. Kretschmer hat sich um den Frieden in der Stadt vor zehn Jahren - auf dem Höhepunkt der aufgeheizten Debatten über innere Sicherheit - verdient gemacht.

Die Privatisierung der Flora entzog diese damals den Räumungsträumen von Schwarz-Schill. Seitdem herrscht dort eine weitgehende Ruhe, die dem ganzen Viertel gut tut.

Vollkommen unangemessen ist aber auch, dass Kretschmer mit seinen Verkaufsdrohungen mit dem Feuer spielt. Er hat sich 2001 sehenden Auges auf die Sache eingelassen. Eine Lösung im Interesse Hamburgs kann es nur im Konsens aller drei Beteiligten geben: Eigentümer, Flora, Stadt.

Ein runder Tisch zum Plaudern dürfte sich finden lassen. So viel Souveränität bei einer Frage, die einst die Stadt erschütterte und nie wieder erschüttern darf, müssten alle Seiten aufbringen können.

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Hamburg-Redakteur
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2 Kommentare

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  • PO
    Phantomas of the Opera in the name of love

    Dafür!

     

    Kann nicht mit Teilflächem im Kaispeicher getauscht werden, oder ähnlich? Das macht auch den Eigentümer froh... Für die Flora-Hilfe muss man sich schließlich auch irgendwie angemessen bedanken.

     

    Flora als öffentlicher, selbstverwalteter Raum ist richtig. Etwa anderes ist doch garnicht denkbar.

    Leute, schenkt das den Menschen!

     

    Cafe Latte und Galao Steuer, ne Stiftung, ein Verein, das Leben kann so einfach sein.

    Franzbrötchen-Solidaritäts-Sonderpreis vielleicht?

     

     

    Freiwillig Perversenzuschlag in (zensiert) Verkaufsbuden, doppelter Dosenpfand, Perversenzuschlag für Genussmittel, Restaurantrechnungen über 50,- EUR und Boutique-Rechnungen über 500 Euro pro Person, etc.

     

    Spendenoption beim Ticketkauf für die Kaispeicher Elb Philharmonie als Kulturtransfer um den Kunstbetrieb in der Flora zu unterstützen. Die wollen ja auch nicht immer nur für ne Kiste Bier arbeiten, wer die Gage nicht will oder braucht, kann sie ja der Stiftung/dem Verein spenden. Auch Raum-, Veranstaltungs- und Ausstellungstechnik muss bezahlt werden. Kann doch nicht sein , das (Musik-)Künstler Geld mitbringen müssen, um mit gutem Sound aufspielen zu können.

     

    Spendenoption beim Musicalticketkauf zum Wiederaufbau des Saales und der für die Pariser Weltausstellung 1889 erschaffenen Stahl-Glas-Halle von Gustave Eiffel. Die Flora, historisch ein Varietétheater Baujahr 1888, sollte der Musicalindustrie doch als ein Ur-Ort und demzufolge Quelle der Inspiration etwas Unterstützung wert sein.

    Der Musicalbetrieb muss sich dazu bekennen, dieses Gebäude, diesen Ort der Freude fast zerstört zu haben. Es ist doch angemessen, zumindest nach der Vorstellung den Hut für die Flora rumgehen zu lassen, statt auf den Ruinen dieses wundervolles Ortes herumzutrampeln.

     

    Verdammt, darüber könnte man fast ein Musical aufziehen. Hamburg in den swinging 20ies, Hamburg 1888 oder Hamburg 1987 oder The-Symthom-of-the-Opera oder ein historisches Varieté-Musical oder Swing-Musik-verboten, der Flaneur auf dem Schulterblatt, Gustav Eiffel in Hamburg, oder Hier-kommt-die-Flut-1962 oder das Blue-Men-tausend-Töpfe-Drum-Extase-Non-Stop-Disco-

    Inferno-mit-Stefan Gwildis am Opel Kadett oder Wanted: SchanzenSherlock sucht Störtebecker oder With-the-Beatles: One Love Night at the Flora, Paul&Ringo shake the Schanze.

     

    nun seht mal zu Hamburg.

  • H
    Hamburger

    Bei aller Liebe, das ist Unsinn. Ich bin für eine selbstverwaltete Flora, aber bitte weil man einsieht, dass sie einer der wenigen verbliebenen authentischen Teile der Hamburger Kulturszene ist, nicht, weil es sonst zu Guerilla-Terrorismus kommt.

    Auf militante Drohungen darf der Staat nicht eingehen, schon gar nicht indem er ihnen gehorcht, das wäre die praktische Bankrotterklärung des Rechtsstaates vor dem Mob.