Kommentar Rentenerhöhung: Provokation für Alte und Junge
Langfristig wird an einer einheitlichen, existenzsichernden Grundrente kein Weg vorbeiführen - aus Steuergeldern finanziert.
Das Wahlgeschenk hat schon jetzt seinen Zweck verfehlt. Zwölf Milliarden Euro nimmt die Bundesregierung in die Hand, um Deutschlands Rentner mit Blick auf die Bundestagswahl zu besänftigen. Doch wer sich bei den Ruheständlern umhört, der weiß: Dort wird über die angebliche Wohltat nur gelacht. Gerade mal acht Euro pro Monat sind es, die beim Drehen an der Rentenformel durchschnittlich herauskommen. Die gönnerhafte Art, mit der die große Koalition dieses Trinkgeld spendiert, wirkt bei den Betroffenen eher als Provokation, als dass es den Ärger vermindert. Die schleichende Rentenkürzung, von den Ruheständlern in den vergangenen Jahren als Teil des Generationenvertrags erstaunlich lautlos akzeptiert, ist erst durch das magere Präsent zum Stein des Anstoßes geworden.
Es stimmt: Die staatlichen Renten sinken inflationsbereinigt in Deutschland schon seit Jahren, sie liegen vor allem für Kleinverdiener deutlich unter dem Durchschnitt der Industrienationen. Bloß wird sich daran durch die Zehntelprozente nichts Grundsätzliches ändern, die Kanzlerin Angela Merkel und ihr Sozialminister Olaf Scholz jetzt drauflegen. Auch so wird in absehbarer Zeit ein beträchtlicher Teil der Rentner vom Staat nur Einkünfte unterhalb des Existenzminimums beziehen - mit geringen Aussichten auf Besserung, weil bescheidene Zusatzeinkünfte gleich wieder auf die Grundsicherung angerechnet werden. Die prozentuale Erhöhung bringt es zudem mit sich, dass der überwiegende Teil der jetzt ausgeschütteten Milliarden vergleichsweise wohlhabenden Rentnern zugute kommt.
Langfristig wird deshalb an einer einheitlichen, existenzsichernden Grundrente kein Weg vorbeiführen, aus Steuergeldern finanziert. De facto steuert das System mit ständig steigenden Bundeszuschüssen schon darauf zu. Nur sollte man das den künftigen Rentnern bereits heute sagen, und wegen der nötigen Übergangsfristen sollte man den Systemwechsel möglichst rasch beschließen. Bisher hielt es die Politik für bequemer, das Problem einfach auszusitzen. Die laute Debatte in diesem Jahr könnte immerhin ein Beitrag dazu sein, dass sich das allmählich ändert.
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