Kommentar Regierung in Polen: Vertrauen ist besser
Die "Geld her oder Blockade"-Politik Warschaus in der EU ist vorbei. Doch Premier Tusk muss sich auch um ein verbessertes Verhältnis zu Deutschland und Russland bemühen.
E uropa atmet auf: Polen hat eine neue Regierung. Die vorherige Koalition aus Rechtsradikalen, Populisten und Nationalkonservativen gehört der Vergangenheit an - nach nur zwei Jahren mit Skandalen, Sex- und Korruptionsaffären. Europa kann sich auf einen herzlichen Empfang durch Premier Donald Tusk und seine Regierung vorbereiten.
Der schroffe Politikstil Jaroslaw Kaczynskis und seiner Außenministerin Anna Fotyga hat einen Problemberg entstehen lassen, der dringend abgearbeitet werden muss. Tusk ist dafür der richtige Mann. Er ist sowohl weltläufig als auch heimatverbunden. Als Historiker hat er den großen Überblick über geschichtliche Zusammenhänge, versteht aber auch - als Danziger und Kaschube - die oft verworrenen deutsch-polnisch-jüdischen Schicksale in dieser Region.
Gerade dies wird ihm als neuem Premier Polens von großem Nutzen sein, da seine Hauptaufgabe darin bestehen wird, nach innen wie nach außen hin ein neues Bild von einem selbstbewussten Polen zu schaffen. Kurz nach seinem Wahlsieg vor einem Monat kündigte er bereits an, dass er die Beziehungen zur EU und besonders die zu den Nachbarn Deutschland und Russland verbessern wolle.
Zu erwarten ist also ein stärkeres positives Engagement Polens in der EU. Statt der bisherigen "Geld her oder Blockade"-Politik Warschaus wird es künftig konstruktive Vorschläge zur Weiterentwicklung der EU geben. Polens neuer Außenminister, Radoslaw Sikorski, ist zwar als intimer USA-Kenner mit EU-Fragen nicht näher vertraut, doch er dürfte sich rasch einarbeiten.
Skepsis ist jedoch angebracht, wenn es um sein Verhältnis zu Deutschland und Russland geht. Bislang geht seine Perspektive über den Zweiten Weltkrieg nicht hinaus. Sollte Tusk die hoch belasteten Beziehungen zu den Nachbarn nicht zur Chefsache erklären, könnte es hier - gerade aufgrund der hohen Erwartungen - zu einem bösen Erwachen kommen. Doch das Schlüsselwort der neuen Regierung Polens heißt ja "Vertrauen". Also sollten auch die Deutschen den Polen nicht nachstehen und Mut zu mehr Vertrauen zeigen.
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