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Sehr geehrter Herr Reinecke,
Ihren überwiegend foramljurisischen Kommentar hätte ich eher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für richtig platziert gehalten, denn in der TAZ.
Was für merkwürdige Argumentation:
Das Rederecht beschränken, damit die armen Abgeordneten nicht eventuell "Nachtsitzungen" einlegen müssen.
Wofür sind die Abgeordneten denn gewählt und bekommen gutes Geld dafür, wenn nicht für ihre Tätigkeit im Bundestag?
Und die meiste Zeit des Jahres haben die Abgeordneten überhaupt keine Bundestagssitzungen, auch keine Ausschussitzungen, einfach nichts, was direkt mit dem Bundestag zu tun hat.
Insofern hinkt, mit Verlaub, Ihre Argumentation gewaltig.
M.f.G.
nieder mit der parlamentarischen Demokratie!
Danke für den Kommentar.
In Zeiten des Privatfernsehens ist eine Rede über 3 Minuten Länge sowieso für Otto Normalzuschauer unzumutbar, so wie sie heute vorgetragen werden. Solange sich Politiker wie Lobbyisten sich nicht trauen, Werbung direkt in die Debatten einfließen zu lassen ("Diese Regierungserklärung der Bundeskanzlerin wird ihnen präsentiert von Deutsche Bank und dem BDI...") oder die Politiker nicht annähernd ein Minimum an Interesse für ihre Reden per Rhetorik erreichen können, wird einem nix anderes übrig bleiben als auf youtube die Redebeiträge von Herbert Wehner, Helmut Schmidt, sogar FSJ oder den gerade neu eingezogenen Grünen 1983 sich anzusehen. Erfrischend war in letzter Zeit tatsächlich nur manchmal Gregor Gysi im Bundestag oder Christopher Lauer in Berliner Abgeordnetenhaus.
Bei dieder Gelegenheit sollte die Chance genutzt werden, endlich den unsäglichen Fraktionszwang abzuschaffen.
Der vorletzte Absatz beschreibt das eigentliche Problem des Parlaments perfekt.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Was Redefreiheit wert ist sah man bei Sarrazin. Die Redefreiheit bedeutet auch Falsches sagen zu dürfen. Sarah Wagenknecht kann ohne Probleme auf Totenn trampeln und ihre Ermordung zu "notwendigem Übel" erklären. Sarrazin darf Multikulti nicht als falsch ansehen. Da hört dann die Redefreiheit ganz schnell auf. Gewalt zur Verhinderung seiner Veranstaltungen wird plötzlich zu "protest". Die Gewaltenteilung auch. Kanzleramt, Bundesbank und Bundespräsident waren da plötzlich eine Sache. Die taz hörte man da zu Redefreiheit null. Grüne erst recht nicht. Zu Redefreiheit glaube ich nur den Piraten.
Oben heisst es:
"Tatsache ist, dass in der parlamentarischen Geschäftsordnung bisher(!) nicht geregelt war, ob und wie lange Abgeordnete reden dürfen, die anders als ihre Fraktionen abstimmen."
Dann aber weiter unten:
"Der Parlamentarismus ist in den Zeiten des Finanzkapitalismus von seiner eigenen Schwäche bedroht – nicht davon, dass Klaus-Peter Willsch sein Nein zur Eurorettung nur noch in drei statt in fünf Minuten(!) darlegen darf."
Abgesehen davon:
"Offenbar befindet sich die Demokratie im Klammergriff einer autoritären Machtelite, die ihre Gegner unterdrückt. Das ist Unfug. Gefahren drohen der Demokratie, aber andere."
Und dann:
"Der Parlamentarismus ist derzeit in der Tat gefährdet. Das Tempo, mit dem Euro- und Bankenrettungspakete durchgepeitscht werden, lässt für seriöse Willensbildung wenig Raum. Was die Demokratie schwindsüchtig erscheinen lässt, sind Sachzwanglogik, Zeitdruck und die Verlagerung von Entscheidungen in Sondergremien."
Der Autor widerspricht sich am laufenden Meter.
Ob ein mehr an Selbstbewusstsein die Konfusion und Unaufgeklärtheit der deutschen Parlamentarier vertreiben hilft? Dem deutschen Journalismus jedenfalls hat solches bisher mehr geschadet.
Wie kommen sie auf den Gedanken das die Redezeit ab und an zu lang sei ?
Herr Gisy hat immer noch guten Stoff zu verbreiten wenn die Rote lampe leuchtet.
Es ist eine Unverschähmtheit , alleine der Vorschlag das nur die Listenplatzbesetzten ( Parteimumien wie Trittin ,Kauder und Co.) die keiner gewählt hat , den gewählten Abgeortneten " erlauben " zu sprechen.
Unglaublich die Entrüstung über solch angestrebte
Verordnungen müsste viel ausgeprägter sein.
Lieber Herr Reinecke. Normalerweise lese ich Ihre Kommentare sehr gerne. Dieser ist Ihnen aber nicht gelungen. Was soll denn ganz konkret anders gemacht werden? Herzlichst, Micha
Danke für den guten Kommentar. Das zeigt auf, was die Wahrheit ist für den geplanten Maulkorb. Keinesfalls fielen Budnestagsdebatten jemals durch tagelange Überlängen auf, wie uns da die Befürworter eines Maulkorbs in leicht verlogener Art beibringen wollten.
Nein. Es gibt da manche, die in wichtigen Fragen schon keine andere Meinung mehr hören wollen und schon eine demokratische Diskussion im Parlament als gefährlich betrachten.
Gegen eine solche Einstellung gilt es, unsere Demokratie zu verteidigen.
Ich stimme mit Herrn Reineckes Meinung überhaupt
nicht überein.
Die Einschränkung des Rederechts ist ja
gerade die Konsequenz aus der auch von
Frau Merkel geförderten Abschaltung des Bundestages
durch erweiterte Finanzmacht von sogenannten
Gouverneuren.
So kann nach außen hin der Schein einer dummen
Demokratie immer noch gewahrt werden, obwohl
Brüssel hier voll durchregieren will
und ihre Finanzkönige gebieten sollen.
Die Gefahr einer konstitutionellen Demokratie
tut sich hier auf, in der Demokratie und
Parteiparlamentarismus nur noch zur
Abnickerfassade verkommt und um dafür
beim Wähler nicht abgestraft zu werden,
wollen die Politiker ohne Widerspruch als
alternativlos erscheinen.
Die TAZ hatte auch schon einmal höheres
Niveau gehabt.
Es ist halt aber auch schwierig, Bundestagsdebatten als solche wahrzunehmen, wenn sowieso immer nur eine Fraktion nach der anderen redet, zuhört und klatscht und sobald politische Gegner*innen am Mikrofon stehen, fast alle anderen sich demonstrativ wegdrehen oder ihr Handy 'rausholen.
Es finden keine Debatten im Bundestags statt. Der Bundestag bietet lediglich den Fraktionen und Personen das Forum, ihre vorher schon klaren Positionen zu präsentieren und möglichst theatralisch zu begründen.
Jürgen Klopp sollte auf seinen Job beim Getränkekonzern Red Bull verzichten. Stark koffeinhaltige Energydrinks gefährden viele Kinder und Jugendliche.
Kommentar Rederecht für Parlamentarier: Gefahr droht von woanders
Die Aufregung über die neue Regelung des Rederechts der Parlamentarier ist völlig überzogen. Der Parlamentarismus ist derzeit von ganz anderer Seite gefährdet.
Bei der Debatte über das Rederecht für Parlamentarier scheint die Demokratie selbst auf dem Spiel zu stehen. Aufmüpfigen Abgeordneten sollen, so wird behauptet, „Maulkörbe“ verpasst werden. Die Volksvertreter werden von einem Machtkartell „kastriert“, sagt ein Kritiker.
Der CDU-Mann Klaus-Peter Willsch fürchtet, dass ihm bald „Publizierungsverbot und Hausarrest“ drohen. Offenbar befindet sich die Demokratie im Klammergriff einer autoritären Machtelite, die ihre Gegner unterdrückt. Das ist Unfug. Gefahren drohen der Demokratie, aber andere.
Tatsache ist, dass in der parlamentarischen Geschäftsordnung bisher nicht geregelt war, ob und wie lange Abgeordnete reden dürfen, die anders als ihre Fraktionen abstimmen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte kürzlich, entgegen dem Gewohnheitsrecht, zwei Gegnern der Eurorettung aus CDU und FDP erlaubt zu sprechen.
Das war, bei einer so bedeutenden Frage, richtig. Für Aufregung sorgt nun eine Regelung, die es dem Bundestagspräsidenten erlaubt, solche Dissidenten künftig ausnahmsweise drei Minuten reden zu lassen. Im Grunde stärkt diese Regelung sogar das Rederecht von Abweichlern – aber das ist im Pulverdampf untergegangen.
Wer gelegentlich Bundestagsdebatten verfolgt, weiß, dass sie eher zu lang als zu kurz sind. Wäre es da klug, dissidente Auffassungen in den Fraktionen generell mit Rederecht zu belohnen? Das wäre es nicht. Es gibt schon jetzt zu viele Nachtsitzungen vor leerem Plenum und unbeachtet von der Öffentlichkeit. Einen funktionsfähigen Bundestag zu wollen ist kein Trick, um mutige Parlamentarier mundtot zu machen.
Der Parlamentarismus ist derzeit in der Tat gefährdet. Das Tempo, mit dem Euro- und Bankenrettungspakete durchgepeitscht werden, lässt für seriöse Willensbildung wenig Raum. Was die Demokratie schwindsüchtig erscheinen lässt, sind Sachzwanglogik, Zeitdruck und die Verlagerung von Entscheidungen in Sondergremien. Der Parlamentarismus ist in den Zeiten des Finanzkapitalismus von seiner eigenen Schwäche bedroht – nicht davon, dass Klaus-Peter Willsch sein Nein zur Eurorettung nur noch in drei statt in fünf Minuten darlegen darf.
Die Fraktionen haben die Entscheidung vertagt. Das wirkt ängstlich, ist aber angesichts des Höhenflugs der Piraten nicht überraschend. Wenn schon etablierte Politiker mit populistischen Sprüchen Vorurteile gegen das Parlament munitionieren, dann schwächt das die Demokratie. Der Bundestag braucht keine Geschäftsordnungsdebatten, sondern mehr Selbstbewusstsein.
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Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.