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Kommentar RauchverbotDer Fluch der Ausnahme

Kommentar von Ralph Bollmann

Nach der Verfassungsgerichtsentscheidung zum Rauchverbot sollten die Länderparlamente den Mut haben, überall für saubere Luft zu sorgen - auch in Eckkneipen.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der Taz.

Was haben alle über Bayern gelacht, als das neue CSU-Führungsduo die Gastronomie des Freistaats zu Jahresbeginn komplett rauchfrei machte. Den Christsozialen sei das Sensorium für die Bürger abhandengekommen, hieß es. Manch ein Kritiker führte sogar den drohenden Verlust der absoluten Mehrheit auf die Aktion zur Luftreinhaltung zurück. Jetzt stellt sich heraus: Das klare bayerische Gesetz entspricht, neben der Regelung im Saarland, als einziges Gesetz den Vorgaben des Grundgesetzes.

Es ist der Fluch der Ausnahme, der sich in den übrigen Bundesländern rächt. Fast alle europäischen Staaten haben ohne lange Diskussionen und ohne Sonderregelungen den Kneipenrauch beseitigt, fast überall hat sich die Neuerung erstaunlich geräuschlos bewährt. Nur in Deutschland hob, befördert durch den landestypischen Föderalismus, eine verquere Debatte an. Kaum ein kurioses Detail blieb ausgespart - von der Definition der Haupt- und Nebenräume über Einzelheiten der Belüftungstechnik bis hin zur Differenzierung zwischen Inhabern und angestelltem Personal. Am Ende standen in 14 von 16 Bundesländern untaugliche Kompromisse, wie das Bundesverfassungsgericht jetzt festgestellt hat.

Die Landesparlamente sollten nun den Mut haben, überall für saubere Luft zu sorgen. Schon durch das bisherige Durcheinander war das Ziel der Gesetze verfehlt worden. Würden auch die Eckkneipen wieder zu No-go-Areas erklärt, wäre der alte Zustand vollends wiederhergestellt. Bei jeder Verabredung müssten sich die Nichtraucher, wenn sie rauchende Freunde nicht von Restaurant oder Mehrraumkneipe überzeugen können, wieder entscheiden: Setzen sie sich dem Rauch aus - oder bleiben sie dem Treffen fern?

Im Streit über saubere Kneipenluft geht es im Kern um eine Freiheitsfrage. Wer gern eine Zigarette konsumiert, kann das auch in der qualmfreien Gastronomie tun - es genügt ein Gang vor die Tür. Den verrauchten Wirtshäusern hingegen kann keiner ausweichen, der sich aus der Gesellschaft nicht ausschließen will. Das ist der Unterschied zur Selbstschädigung durch Fritten oder Alkohol, die der Staat lieber nicht verbieten sollte.

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10 Kommentare

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  • B
    ba-e

    Ich verstehe ich nicht, wie ein so sensibler Herr Wert legen kann auf Freundschaft zu den ach so rücksichtslosen egoistischen Rauchern.

    Das waren noch Zeiten als die taz noch für die Entkriminalisierung von Cannabis eintrat und nicht dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt hinterherhinkte.

  • RG
    Roswitha Grocholla

    Was ist eigentlich aus der Agenda 21 geworden?

  • PM
    Peter Müller

    Ralph Bollmann gehört ganz offensichtlich zu den militanten Nichtrauchern, welche nicht vertragen können, dass in Kneipen geraucht wird, welche sie sowieso nicht betreten und als Nichtraucherkneipe nicht betreten werden. Zitat: " Bei jeder Verabredung müssten sich die Nichtraucher, wenn sie rauchende Freunde nicht von Restaurant oder Mehrraumkneipe überzeugen können, wieder entscheiden: Setzen sie sich dem Rauch aus - oder bleiben sie dem Treffen fern?" Darf man das getrost als verspäteten Aprilscherz betrachten? Muss man sich zwangläufig in einer verräucherten Kneipe treffen? Weiterhin scheint Herr Bollmann das Wort "Gesellschaft" ein Fremdwort zu sein. Wie soll es gemütlich werden, wenn so alle halbe Stunde, sich der Eine oder Andere vom Tatort entfernt, um zu rauchen? Unter Gemütlichkeit verstehe ich da was anderes. Anscheinend kennt Herr Bollman auch kein Kneipenleben, erdreistet sich aber darüber zu urteilen. Wenn man spielt, z.B. Knobeln, ist es sicher sinnvoll, wenn immer ein Mitspieler vor der Tür steht. Es müsste eigentlich jedem noch so militanten Nichtraucher in die Birne gehen, dass es einzig und allein sinnvoll ist, Raucher- und Nichtraucherkneipen zu eröffnen. Was militante Nichtraucher fordern, kann man nur Diktatur nennen, da kein Nichtraucher gezwungen ist sich selbst zu schädigen und eine Raucherkneipe zu betreten.

  • G
    Georg

    Danke Ralph Bollmann! Und ich dachte schon, die taz wäre komplett in Händen der Tabakindustrie und ihren Opfern. Freiheit ist eben nicht, immer und überall Nichtraucher vollqualmen zu dürfen ... Aber manchmal scheint der Weg für ein paar Minuten vor die Tür unendlich weit ;)

  • PG
    Peter Gebauer

    Und wieder einmal bewahrheitet sich:

    E dumm Gebabbel haste schneller als fünf Mark!

  • MG
    mischa gerloff

    Ralph Bollmann meint:

    "Den verrauchten Wirtshäusern hingegen kann keiner ausweichen, der sich aus der Gesellschaft nicht ausschließen will."

     

    Hier in Köln sind sehr viele Lokale und Gaststätten zu NR-Zonen geworden, andere haben sich als Raucherclubs deklariert Auch NichtraucherInnen haben inzw. eine große Auswahl. Mal sehen, ob es dabei bleibt.

     

    Hier in Köln können allerdings RaucherInnen und NichtraucherInnen der durch rauchende und nichtrauchende AutofahrerInnen und UrlaubsfliegrInnen verschmutzten Luft nicht ausweichen. Da wird jede Anti-Rauch-Maßnahme zum lächerlichen Aktivismus, der an den dauerhaften Belastungen der Atemwege kaum etwas ändern dürfte.

  • F
    flowmo

    Sagen Sie mal Herr Bollmann, welchen Schuss haben Sei denn eigentlich nicht gehört?

    Die Klage beim Bundesverfassungsgericht war doch eine Klage von Rauchern und von Rauchern profitierenden Menschen, die sich gegen die Strenge des Rauchverbots gerichtet hat.Und IHre grenzenlos lückenlose Argumentation "Raucher die ihre Freunde nicht überreden können, müssen dann wieder..." ist ja wohl mal das weinerlichste was ich je gehört hab. Achja, in Ihrem Jahr ist natürlich das ganze Jahr Juli/August/September? Oder wünschen Sie sich die guten alten Schulzeiten zurück, als die coolen Jungs alle raus zum Rauchen gegangen sind, und Sie mit den Nerds im Klassenraum fachsimpelten?

  • V
    vic

    Ich bin angenehm überrascht, in der taz auch mal einen Artikel pro-Rauchverbot zu lesen. Es sind echt nicht viele.

  • AT
    Andreas Thomsen

    Und als nächstes verbieten wir dann auch den Alkoholkonsum ... wieviel Schlägerein, Unfälle und Leberschäden wir dadurch vermeiden können ...

     

    Es geht doch hier gar nicht mehr um den Nichtraucherschutz, sondern um nur noch um abgegrenzte Räume für Raucher, die es nicht lassen können.

     

    Wenn man bedenkt, dass die undogmatische Linke - dazu hat ja auch mal die TAZ gehört - früher mal sogar für den freien Genuss von Cannabis eingetreten ist :-(

     

    Oh tempora oh mores: wenn die Zeiten härter werden, und die Politiker den Leuten nicht mehr wachsenden Wohlstand versprechen können, dann fangen sie an, die Leute "zu ihrem eigenen Wohl" zu schurigeln.

  • WF
    Wilfried Fritz-Maring

    "Das ist der Unterschied zur Selbstschädigung durch Fritten oder Alkohol, die der Staat lieber nicht verbieten sollte." Das träumst Du doch wohl? Alkohol schädigt, genau wie Rauchen nie nur den Racuher selbst, sondern zusätzlich (mindestens) die Familie und im Fall des Autofahrers evtl. andere Verkehrsteilnehmer. Fritten schädigen die Allgemeinheit über die Krankenkassenbeiträge. Keine Angst, auch das wird verboten werden.