Kommentar Proteste in Bahrain: Demokratie statt Theokratie

Das sunnitische Herrscherhaus in Bahrain kämpft mit Hilfe seines Sicherheitsapparates und der saudischen Armee gegen seine Bürger. Der Westen hält sich zurück.

Es erinnert an die Zeiten der "Heiligen Allianz", mit der die europäischen Königshäuser einst verzweifelt versuchten, sich gegen die Folgen der Französischen Revolution zu stemmen. Diesmal sind es die arabischen Regimes - und vorneweg zwei Königshäuser, in Saudi -Arabien und in Bahrain -, die mit der Unterstützung einiger Emire am Golf die Entwicklung aufhalten wollen.

Zunächst einmal in Bahrain: das Herrscherhaus dort kämpft mit Hilfe seines Sicherheitsapparates - und nun auch der saudischen Armee - gegen eine wachsende Bürgerbewegung. Die Bürger Bahrains, mehrheitlich Schiiten, die dort systematisch diskriminiert werden, klagen ihre Rechte ein - und stellen damit die jahrhundertealte Herrschaft der sunnitischen Khalifa-Familie und die ganze Monarchie in Frage.

Kein Wunder, dass diese Proteste auch das benachbarte Königshaus in Saudi-Arabien aufschrecken - ein ebenso konservativer Staat, der seine Minderheiten noch stärker diskriminiert. Auch dort kam es, im Osten des Landes, zu ersten Demonstrationen der Schiiten.

Und wie verhält sich der Westen dazu? Er fordert bestenfalls "alle Seiten" zur Zurückhaltung auf. US-Außenministerin Clinton schoss den Vogel ab, als sie darum bat, dass ausgerechnet die saudischen Truppen, die gerade in Bahrain einmarschiert sind, den "Dialog" fördern sollen. Jahrelang hat der Westen nach Reformen in der arabischen Welt gerufen. Jetzt lässt er eine weitere arabische Bürgerbewegung einfach im Stich.

Es gibt zwei Lesarten für diesen Konflikt. Die Regierungen von Bahrain und Saudi-Arabien stellen das Ganze als einen konfessionellen Konflikt dar. Sie warnen, der Iran wolle auf dem Rücken der Schiiten seinen Einfluss in der Region ausbauen. Aber die Demonstranten in Bahrain zeigen absolut kein Interesse daran, dem iranischen Mullah-System nachzueifern.

Sie sehen sich als eine Bürgerbewegung, deren Forderungen nach Gleichheit vor dem Gesetz und einem Ende der Diskriminierung letztlich auch dem iranischen System entgegenstehen. Der Protest in Bahrain zeigt auch: Staaten, deren Legitimation sich auf religiöser Basis und nicht auf der Repräsentation aller ihrer Bürger gründet, gehören auf den Müllhaufen der Geschichte.

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Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

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