Kommentar Protest gegen Hochspannungsleitungen: Strommasten bleiben auf Abstand
Die jüngsten Erfahrungen haben gelehrt, Großprojekte zu hinterfragen. Aber wie solche Projekte selbst muss auch der Widerstand dagegen Sinn ergeben.
D irekt unter einer Höchstspannungsleitung zu stehen ist schon ein wenig unangenehm: Es knistert laut, und die Vorstellung, dass da 380.000 Volt fließen, lässt einen schnell weitergehen. Verständlich also, wenn man sich gegen eine solche Stromtrasse unmittelbar über dem eigenen Haus wehrt.
Doch dieses britzelnde Geräusch ist nur in unmittelbarer Nähe der Leitung zu hören. 400 Meter entfernt herrschen definitiv Ruhe und Frieden. Nach der zum Jahresende angekündigten Änderung des Erdverkabelungsgesetzes muss eine Leitung unter die Erde verlegt werden, wenn sie näher als 400 Meter am Wohngebiet vorbeiführt.
Wo also ist das Problem mit den Stromleitungen von Niedersachsen gen Süden, die zu einem großen Teil nötig sind, um aus Windkraft oder Biosgasanlagen gewonnene Energie zu transportieren? Von den Bürgerinitiativen vorgebrachte "Argumente" - wie jenes, die Landwirte hätten Angst um die Funktion ihrer Geräte -, schwächen eher ihre Position. Und vermitteln den Eindruck, dass sich hier rückwärtsgewandte Verhinderer zusammengetan haben, die die Strommasten schlicht und einfach hässlich finden.
Die jüngsten Erfahrungen haben gelehrt, Großprojekte zu hinterfragen. Aber wie solche Projekte selbst muss auch der Widerstand dagegen Sinn ergeben - und darf nicht nur auf Befindlichkeiten basieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen