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Kommentar ProstitutionsgesetzRazzien in Bordellen helfen wenig

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Ein verschärftes Prostitutionsgesetz wird minderjährige Mädchen nicht besser schützen. Und kriminellen Machenschaften kommt man so auch nicht bei.

G ibt es ein neues politisches Format, das Weihnachtsloch? Ähnlich dem Sommerloch mit seiner Themenarmut in der Ferienzeit?

So jedenfalls muten die Debatten zum Prostitutionsgesetz an, die mit dem jüngsten „Tatort“ und der anschließenden Talkshow-Runde aufgeflammt sind. So wichtig eine Auseinandersetzung über das Rotlichtmilieu ist – Neues ist nicht zu hören.

Bordelle und Wohnungen sollen stärker kontrolliert werden dürfen, heißt es. Jede Döner-Bude müsse mehr Auflagen erfüllen als Einrichtungen im Sexgewerbe, so der Tenor. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) plant schon länger, das Sexgewerbe stärker zu reglementieren. Das entsprechende Gesetz befindet sich in einem offenbar längeren Umlauf zwischen den Ressorts.

Bild: taz
Simone Schmollack

ist Redakteurin im Inlandsressort der taz mit Arbeitsschwerpunkt Gender-Themen.

Mit einem verschärften Gesetz, so heißt es auch, sollen vor allem die Zwangsprostitution eingedämmt und minderjährige Mädchen geschützt werden, die von ihren Familien zur Prostitution gezwungen werden. Kann das Gesetz das wirklich leisten?

Wohl kaum. Prostitution und Zwangsprostitution sind zwei verschiedene Bereiche. Trotz der verbalen Ähnlichkeit gibt es massive Unterschiede: Erwachsene, die freiwillig Sexarbeit für Geld anbieten, können sich in der Regel selbstbewusst äußern und verteidigen. Aber nicht Frauen, Männer und Kinder, die von Menschenhändlern verkauft werden. Sie können sich kaum wehren, weil sie dann um ihr Leben fürchten müssen. Ihnen werden häufig die Pässe abgenommen, viele werden wie Gefangene gehalten. Solchen kriminellen Machenschaften kommt man mit strengeren Auflagen für Bordelle und Prostituierte sicher nicht bei.

Selbst unangekündigte Polizeirazzien in Bordellen werden wenig bringen. Das zeigen die Erfahrungen. Bevor es brenzlig wird, ändern Zuhälter und Schlepper ihre Identität oder verschwinden.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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5 Kommentare

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  • QK
    "staatlicher Kontrollbeamter"

    Das mit den "staatlichen Kontrollbeamten" klingt recht lustig. Welches Berufsqualifikation soll der denn haben? Gibt es laufbahnabhängige Unterschiede?

     

    Es ist egal, welches Gesetz die Regierung auflegt,

    das Gekiefer und die Sakndalisierung durch die Opposituion wird dem Gesetzgeber sicher sein.

     

    Wenn man 1 + 1 zusammenzählt, war die Legalisierung der Prostitution in der vorliegenden Form niemals als Schutz der illegal operierenden Frauen gedacht.

     

    Man braucht hier nur mal den Fischer-Erlass, die unqualifizierten EU-Aufnahmen von Rumänien und Bulgarien betrachten, dann sieht man, dass es um ein Aufpumpen der organisierten Kriminalität und um die Zersetzung der Gesellschaft durch Förderung der Prostitution ging.

  • OH
    Opra Horsti

    Da 75% der Männer zu Prostituierten gehen und nur 1% freiwillg anschafft, sind also 75% aller deutschen Männer Vergewaltiger.

    Frohe Weihnachten

  • C
    Ceres

    @K.A.:

     

    Woher haben sie eigentlich ihre Informationen? Wohl aus dem Sammelsurium von Halbwahrheiten und Gefälligkeitsfakten, mit denen sich Radikalofeministinnen umgeben.

     

    Natürich lässt sich zwischen Sexdiensten und Prostitution unterscheiden. Nur in der Welt der CSU scheint es keinen Unterschied dazwischen zu geben. Besonders da man, wenn die Argumente Menschenhandel und Sklaverei wegfallen, sich mit dem Totschlagsargument Armutsprostitution aushilft.

     

    Wir haben Drogen verboten und konnten sie bis Heute nicht bekämpfen. Jedes Jahr sterben Abhängige an kontaminierten Drogen oder an falscher Dosierung.

    In den USA wurde Alkohol verboten und die Kriminalität ist explodiert, in einen Umfang, den wir heute Terrorismus bezeichnen würden.

     

    Prostitution muss nicht verboten werden, sondern ins Rampenlicht und Akzeptiert werden. Damit den wirklichen Zwangsprostituierten niemand mehr einreden kann sie würden abgeschoben. Damit jede Prostituierte auch einen richtigen Ausweg gehen kann, ohne Angst zu haben keinen Job zu bekommen, da ihr Arbeitgeber sie nicht mal mit einer Kneifzange anpacken will.

     

    Aber worüber ärgere ich mich. Im Weltbild von Feministinnen ist jede Sexarbeiterin nicht selbstbestimmt und somit nicht berechtigt am politischen Diskurs teilzunehmen. Das ist auch eine Form von Diskriminierung.

     

    Achso, bevor jetzt Missverständnisse aufkommen. Ich bin kein Kunde von Sexdiensten...

  • K
    K.A.

    Und der Vorschlag der Autorin, wie man gegen Zwangsprostitution vorgehen sollte, lautet??? Meiner Meinung nach ein schlecht recherchierter, naiver Beitrag, der verkennt, dass die Trennung von freiwilliger und erzwungener Prostitution in der Realität nicht so leicht zu vollziehen ist. Wie verhält es sich z.B. mit der Armutsprostitution? Wie damit, dass 70-80% der Prostituierten in Deutschland inzwischen Osteuropäerinnen sind? Sind sie freiwillig hier und verkafen sich ohne Not für 20,-- € auf dem Straßenstrich??? Was ist mit Zuhälterei??? Mit Flatrate-Bordellen??? Wuchermietpreisen in der Wohnungsprostitution?? Wo verläuft die Grenze zwischen freiwillig und erzwungen, zwischen Freiheit und Sklaverei????

  • I
    Ivulkansturm

    Vorschlag_

    In jedem Bordell muß ein staatlicher Kontrollbeamte permanet die Zimmervergabe, die Einnahmen und die Arbeitserlaubnis etc. kontrolliere, sowie die Prostituierten über ihre Rechte und Hilfsangebote aufklären.

    Die Kosten werden auf die Zimmermiete umgelegt.

    Für den Strassenstrich muß man sich ein ähnliches System überlegen.