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Kommentar Präsidentschaftskandidat RomneyRomney führt die Sekte an

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Mitt Romney ist Kandidat einer immer weiter abdriftenden Republikanischen Partei. Sollte er Präsident werden, kann er sich bei Obama bedanken.

S ieben Jahre nach seinem ersten Versuch ist Mitt Romney nun offiziell Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei. Aber schon der erste Tag des republikanischen Parteitags in Florida macht wieder klar: Es wäre gut, wenn es dabei bliebe.

Mitt Romney und Paul Ryan als zukünftiges Präsidentenduo im Weißen Haus – das wäre mehr, als die USA und die Welt verkraften könnten. Die Republikaner inszenieren, gespickt von Lügen und haltlosen Behauptungen, einen Klassenkampf von oben, einen Generalangriff auf das bisschen, was in den USA von staatlicher Verantwortung für das Wohlergehen der Mehrheitsbevölkerung noch übrig ist.

Das ist an sich nicht neu – neu ist nur, dass es darüber innerhalb der Partei keine Diskussionen mehr gibt, und dass sie mit einem Kandidaten ins Rennen gehen, dessen gesamte berufliche Vita von zwei Elementen geprägt ist: Raubtierkapitalismus einerseits, politischer Opportunismus andererseits.

Bild: taz
BERND PICKERT

ist Auslandsredakteur der taz.

Verantwortung für andere als sich und seine Familie hat Mitt Romney nie übernommen, und es gibt nun wirklich gar keinen Grund anzunehmen, dass sich daran irgendetwas ändern würde, sollte er ins Weiße Haus einziehen, zumal als Kandidat dieser Partei, die mit ihrer schrecklichen Melange aus wirtschaftlichem Neoliberalismus und religiösem Fanatismus einen Freiheitsbegriff etabliert, der das im 20. Jahrhundert gewachsene Verständnis darüber, welche Aufgaben Staat hat und wo er sich herauszuhalten hat, ins exakte Gegenteil verkehrt.

Obama hat den Diskurs nicht verändert

In private Angelegenheiten wie Abtreibung und sexuelle Orientierung wollen sie sich einmischen, aus öffentlichen Pflichten wie Infrastruktur, Gesundheits- und Altersversorgung zurückziehen. Eine Regierung auf dieser Grundlage ist das letzte, was irgendjemand braucht. Nur: Warum hat Mitt Romney trotzdem Chancen gewählt zu werden?

Eine der wenigen Wahrheiten vom ersten Tag des republikanischen Parteitags kam aus dem Mund von Chris Christie, dem polternden republikanischen Gouverneur von New Jersey, den viele als zukünftigen Präsidentschaftskandidaten sehen. „Sehen Sie, Herr Präsident: Wirkliche Führungspersönlichkeiten achten nicht auf Umfragen – sie verändern Umfragen!“ rief Christie. Da hat er Recht, und das beschreibt korrekt den republikanischen Erfolg.

Obama hat es trotz aller Sendezeit nicht vermocht, den herrschenden Diskurs in den USA zu verändern. Seine Vision von den Aufgaben der öffentlichen Hand unterscheidet sich zwar fundamental von der der Republikaner – aber es ist ihm nicht gelungen, ihre Talking Points so abzuwehren, dass die Rechten in der öffentlichen Wahrnehmung als das dastehen, was sie eigentlich sind: Eine politisch gefährliche Sekte, deren Positionen eigentlich bei vernunftbegabten Menschen nur Kopfschütteln, mildes Lächeln und Wahlergebnisse unterhalb der 5-Prozent-Schwelle auslösen müssten.

Stattdessen ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu befürchten, mit noch ungewissem Ausgang am 6. November. Und selbst wenn es Romney nicht ins Weiße Haus schafft, verhindern die Republikaner im Kongress weiterhin jede notwendige Reform zum besseren. Es ist zum Haareraufen.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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8 Kommentare

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  • S
    Sören

    Die Richtung, in der sich die Republikaner in den USA seit den 1970ern entwickelt haben, ist in der Tat bedenklich.

     

    Tatsächlich gab es bis dahin einen Konsens darüber, die Grundlagen des "New Deal" beizubehalten. Erst danach haben sich die Republikaner nach rechts orientiert. Selbst President Nixon, der etwa die EPA eingerichtet, und diplomatische Beziehungen mit China gesucht hat, wäre den heutigen Republikanern zu "links".

     

    Das US-System mit seinen "checks and balances" beruht aber darauf, einen Konsens in der politischen Mitte zu finden. Anders als manche Denken, hat der President weit weniger Macht, gerade in der Innenpolitik. Er braucht z.B. bei der Besetzung des Kabinetts die Zustimmung des Senats, kann also nicht einmal frei über sein Personal entscheiden.

  • F
    Frank

    Was genau soll der Sinn dieses Artikels sein? Hat der Artikel irgendeine Aussage, irgendeinen Inhalt. Soweit ersichtlich, scheinen die Namen "Obama" und "Romney" darauf hinzudeuten, dass sich der Artikel vielleicht, also möglicherweise um den Wahlkampf für die amerikanische Präsidentschaft handeln könnte - aber Daten, Fakten oder auch nur Meinungen enthält der Artikel nicht, dafür schon mal ein paar "Ich habe es doch immer schon gesagt"-Floskeln für den Fall, dass Romney US-Präsident wird.

     

    Was allerdings die Republikaner verhindern werden - nicht, weil es nicht spielend leicht möglich wäre (Obama ist schwach, sehr stark gealtert, ist bei allen Bevölkerungsgruppen unbeliebt), sondern weil sich bei den Republikanern das einzige wirkliche politische Schwergewicht, nämlich Jebb Bush, schon längst darauf vorbereitet, 2017 das Zepter zu übernehmen. Und so ein dahergelaufener, kleigeistiger Börsenmakler wie Romney wird der Familie Bush sicher nicht in den Kaffee pissen dürfen. Deswegen - und nur deswegen - wird Obama seine peinliche "Präsidentschaft" noch vier Jahre fortsetzen dürfen.

  • JM
    jürgen malte

    "In private Angelegenheiten wie Abtreibung und sexuelle Orientierung wollen sie sich einmischen, aus öffentlichen Pflichten wie Infrastruktur, Gesundheits- und Altersversorgung zurückziehen."

     

    Sexuelle Orientierung ist so lange privat, bis daraus Forderungen (Homoehe) an den Staat abgeleitet werden. Das Abtreibung privat ist erschliesst sich mir nun garnicht, nur weil die europäischen Konservativen eingeknickt sind und Abtreibung hinnehmen ist sie nicht unpolitisch von moral reden wir garnicht erst. Vor allem nicht wenn sie aus öffentlichen Mittel bezahlt wird.

     

    Die öffentlichen Pflichten die sie aufzählen sind auch nur dann echte Pflichten wenn sie einen Staat wollen der für eine Vollkaskomentalität steht.

     

    Amerikaner sehen das anders, das mag uns Europäern fremd vorkommen, aber es ist legitim. Demokratie muss ja nicht immer in den europäischen Wohlfahrtsstaats führen.

  • R
    Riin

    Stimmt leider alles, was im Artikel steht. Es ist nicht zu glauben, wie weit der politische Diskurs in den USA nach rechts gerückt. Es ist wie einen Wahlkampf zu beobachten, in dem die CDU die am weitesten linke Partei ist.

  • B
    Beobachter

    Wie kommt der Kommentator eigentlich auf die Idee zu behauten, dass Obama für die Menschen etwas besseres wäre?

     

    Solange das System USA (ein Präsident, der über alles herrscht) nicht verändert wird, spielt es doch keine Rolle, wer Regiert. Obama hat auch geflötet, dass er Guantanamo schließen wird, aus Aufganistan raus, usw. usw.. Hat sich etwas geändert. Nur Lügen.

     

    hat er etwas gegen den Waffenhandel getan, hat er Mittelamerika Hilfe angeboten gegen die Drogenmafia, hat er diesen Pöbel der Bankenbranche etwas vorgehalten? Ich glaube nichts davon. Stattdessen hat er für den Afganistankrieg den Friedensnobelpreis bekommen.

     

    Letzten Endes ist auch dieser Obama nur eine Marionette!

  • D
    deviant

    Auf die USA treffen die klassischen Anzeichen eines "failed state" zu, im Falle des amerikanischen Empires folgten dieselben Schritte, wie in jedem anderen Falle eines gescheiterten Empires: Kriege nach außen, um das Land nach innen zu stabilisieren, Aufbau klarer Feindbilder, die für den Verfall haftbar gemacht werden können und das gute alte "divide et impera".

    Gegen eine demokratische Erneuerung wird das bewerteste Mittel autoritärer Herrschaft aufgefahren (das sich inzwischen auch in Deutschland wieder großer Beliebtheit erfreut): Bei den Armen werden Existenzängste geschürt. Wer sich um das Brot auf dem Tisch kümmern muss, so die Rechnung, kann sich nicht mehr um die Politiker in der Hauptstadt kümmern (das geht allerdings nur bis zu einem bestimmten boiling point gut, an dem die Stimmung kippt. Der klassische Verweis aus "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie halt Kuchen essen" darf an dieser Stelle nicht fehlen.

  • FH
    Felix Hildebrand

    Der Saustall den Bush hinterlassen hat war zu groß für Obama, er hat enorme Zugeständnisse auch an seine Wähler gemacht, was hätte er besser machen können/sollen ? Der Amerikaner sind schmerzbefreit sollten sie Romney wählen, es wäre komplett irrational aber nachvollziehbar : So sind sie halt....nacht einmal die Finanzkrise nicht einmal die eigenen Banken die die Mittelschicht mit in den abgrund reißt lässt sie umschwenken, es zeigt auch sehr deutlich bei einer Niederlage der Demokraten das Politik an sich immer jeglicher Vernunft widersprich und im kern irrational ist, was die ganze Sche wieder spannend macht, jedenfalls für die, die im Warmen sitzen. Guter Kommentar.

  • MN
    mein Name ist Mitt

    Mitt Romney hat also einen "Freiheitsbegriff etabliert, der das im 20. Jahrhundert gewachsene Verständnis darüber, welche Aufgaben Staat hat und wo er sich herauszuhalten hat, ins exakte Gegenteil verkehrt."

     

    Mich würde interessieren, wie dieses gewachsene Verständnis denn konkret aussieht? Etwa das Verständnis allmächtiger Gewerkschaften und Linker Bonzen, die zwischen Sexparty, Luxushotel und eigener Almhütte tingeln und dazwischen den Mundheiligen geben? Das hat doch schon Adolf Hitler 1936 vor Arbeitern im Ruhrgebiet ganz gut hingekriegt.

     

    Und "politischen Oportunismus" werfen Sie Romney auch vor? Als hätte es Obama und die Kennedys nie gegeben.